Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 05.12.1917 (3.2012.2822)

 

5. 12 1917.


305.

Meine Lieben!
Ich schreibe mit Bleistift, um den Brief bis zum Abgang der Postordonnanz fertig zu bekommen. Heute war ein großer Tag! Wir haben heute mit den Russen Waffenstillstand geschlossen! Ich war auch dabei, wie sich das für einen Regimentsadjutanten gehört! Ihr habt ja schon in dem deutschen Heeresbericht davon gelesen, daß bei vielen Divisionen an der Ostfront bereits Verhandlungen mit den Russen zum Abschluß gebracht worden sind. Ich glaube, daß es nur noch wenige Tage dauern wird, bis wir den allgemeinen Waffenstillstand an der ganzen Ostfront bekommen. Aber wir haben die Sache jedenfalls beschleunigt, haben den Russen gezeigt, daß die 56er Alpenjäger nicht nur der Schrecken der Vogesen und die Erstürmer von Pieniaki sind, sondern daß sie im Grunde genommen die friedlichsten Absichten hegen und gern auf Vorschläge zu einem Kriegsende eingehen. Denn die Russen haben den Anfang gemacht, sie mußten deshalb uns um Frieden bitten, nicht wir die Russen. - Ich schrieb Euch ja, daß seit einiger Zeit täglich mit den Russen Verhandlungen gepflogen wurden am Ufer der G. auf neutralem Boden. Heute ist die Sache zum Abschluß gekommen. Eine stattliche Anzahl von Offizieren (56er) hatte sich zusammengefunden, um diesem Weltgeschichtlichen Augenblick beizuwohnen. Sie wurden auch alle mitgelassen bis zu der Stelle im Graben, von der aus der Gang zur Versammlungsstelle angetreten werden sollte. Hier gabs viele enttäuschte Gesichter, nur wenige waren auserwählt. Zur Verhandlung wurden schließlich zugelassen: Der Generalstabsoffiziere der Division, der Dolmetscheroffizier der Division und Oblt. Mühe, dann Herr Major Melchers, L. Eisele u. H. Konnmann[?] (Min.Werf.-Offiz u Nachrichtenoffiz beim Reg. Stab), „Ich“, Hptm. v. Boerzig, bei dem ich am vorigen Freitag zu einem Faß Bier mit der Zupfgeige eingeladen war, der Verhandlungsführer des Reg. H. Bornebusch und noch 1 Offiz des Regiments. Außerdem 1 Standartenträger, 1 Hornist und eine Anzahl ausgewählter Leute. Standartenträger (weiße Flagge) und Hornist stiegen zuerst auf den Grabenrand, der Hornist blies 3x den Adjutantenruf, darauf stieg die ganze […] aus dem Graben und bewegte sich eilig über die alten verlassenen russ. Gräben nach der Verhandlungsstelle hin. Hier standen schon etwa 100 Russen beisammen (am andern Ufer des Baches). Bei unserer Ankunft salutierten sie stramm; die Verhandlungen begannen sofort, indem der Dolmetscher-Offizier vorlas, unter welchen Bedingungen wir die von den Russen angebotene Waffenruhe annehmen. Es wurde nur russisch gesprochen. Die Verhandlungen bei den Russen führte ein Offizier im Mannschaftsmantel; er sah klug und energisch aus. - Unter den russischen Leuten waren Prachtgestalten an Größe u. Wuchs, aber auch ganz gefährliche Burschen darunter. Die russ. Offiziere, obern[?] 6, trugen Schirmmützen, die Leute alle Pelzmützen. [Skizze 3 Köpfe mit Mützen] Alle im Mantel u. die meisten mit Koppel unter dem Mantel, ohne Waffe, Ich photographierte den Augenblick, wo ein Russe die Vertragsurkunde unterzeichnete, da erhoben die Russen Einspruch u. verboten sich das Photographieren. Hoffentlich ist die Aufnahme gelungen! Ich hab im ganzen 4 gemacht! - Soeben bekam ich Muttle\'s lieben Brief vom 29.11. Das arme Muttle liegt immer noch mit seinem abscheulichen […], hoffentlich bessert sich die Sache recht bald. - Ich schicke Euch 2 Bilder aus Galizien mit, hebt sie bitte mit den andern […] Photos auf. - Ich bin gespannt auf Nachrichten vom Maschle aus Würtenberg. - Nun aber Schluß für heute, 1000 herzliche Grüße dem ganzen Haus Euer Euchl. Wolf

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top