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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 22.11.1918 (3.2012.2822)

 

Offenburg i B., 22. 11.1918.



Meine Lieben!
O schöner Tag, wenn endlich der Soldat ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit! Gestern Mittag haben wir als letzte Truppe den Rhein bei Gerstheim überschritten, durchzogen in fröhlichem Marsch die 70 km Zone und haben endlich auf deutschem Boden unter treudeutschen Menschen gastliche Aufnahme gefunden, vielleicht das letzte Quartier in diesem Kriege! - Ich hatte Euch ja geschrieben, daß wir als Nachhut der Division ein 7 ½ km breite Strecke des Rhein-Rhône-Kanals zu sichern hatten. Am 20. d/s[?] Vormittags war plötzlich große Aufregung im Dorf: es kam ein feldgrau […]enes Auto angefahren mit weißer Flagge, Insassen: 2 französische Offiziere 1 Kraftfahrer und 1 […] im Stahlhelm und mit feiner Messingtrompete auf dem Rücken. Der franz. Leutnant (etwa 35 Jahre) sprach recht gut deutsch, hatte einen Brief seiner Division für unsere, war von Beruf Maler, hatte unter anderem in Frankfurt auf dem Städel[?] gearbeitet, kannte Sarwanski[?], Bär, Träbner[?] u. andere, und hatte einen Freund beim frz. Inf. Reg. 152, gegen das wir in den Weihnachtskämpfen 1915 auf dem H. K. gekämpft hatten, und bei dem er damals auch verwundet worden war. Er sprach recht gut deutsch, und war viel angenehmer als sein aktiver Hauptmann, der, bis obenhin zugeknöpft, kein Wort deutsch sprach. - Wir schickten sie in Begleitung eines Offiziers zur Division. - Gestern Vormittag rückten wir aus Gerstheim ab, mußten an der Rheinbrücke warten, bis der Divisionskommandeur kam, zogen dann über die fahnengeschmückte Schiffbrücke am General und dem hinter ihm aufgestellten Kinooperateur vorbei, der den weltgeschichtlichen Augenblick des Übergangs der letzten deutschen Truppen aus dem Elsaß über den Rhein im lebenden Lichtbilde festhielt. Kurz vor Offenburg erwartete uns wieder der Divisionskommandeur und der Reg. Kommandeur mit der Reg. Musik, und mit klingendem Spiele zogen wir in das fahnengeschmückte Offenburg durch die Ehrenpforte („Welt[...]nnen! Wir danken Euch innig! Laßt uns einig bleiben“) unter dem Jubel der Bevölkerung, die uns mit einem Blumenregen überschüttete, im Parademarsch am General vorbei, in das erste Quartier wieder auf Heimatboden. Unvergeßlich war dieser Einzug, so bittere Gedanken einem noch dabei kommen mochten. Hier werden wir wahrscheinlich bis zur Entlassung bleiben, lange kann\'s nicht mehr dauern. - Feldpost kommt keine aus der Heimat, schreibt mir deshalb bitte
„Herrn Leutn. Panzer
II/Ldw. Inf. Reg. 56
3.3 - Offenburg i [...]
bei Herrn Fabrikdirektor Bauer
Diese Nachrichten, frankiert natürlich, werde ich schnell bekommen und weiß dann wenigstens, wie es Euch geht. - Hier glänzende Aufnahme in vornehmem Haus. Traf heute Johannes, der auch hier liegt u. Euch herzlich grüßen läßt. Befinden glänzend! Hofftl. geht bei Euch alles gut!
1000 herzl. Grüße Euer Euchl. Euchl. Wolf.

 

 



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