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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 27.09.1917 (3.2012.2822)

 

Sonntag, 27.9.1917.


279.

Meine Lieben!
Lauter Stenokarten sollt Ihr auch nicht haben, so muß ich schon mal wieder zu einem Brief aufschwingen. Zunächst herzlichen Dank für Muttles liebe Karten vom 20. u. 22. d/s[?], die beide gestern in meinem Besitz gelangten. Es scheint da an irgend einer Stelle im Postbetrieb ein Faulrian zu sitzen, der seine Tagesarbeit nicht fertig bringt und immer so und so viel liegen läßt. Ich habe das schon öfters beobachtet. Im Übrigen arbeitet die Post ganz ausgezeichnet. Die Karte vom 22., gestempelt 12h – 1h N., war bereits um 1130 Mittag gestern bei mir, ist also spätestens gestern mit der Bahn in Galizien angekommen.
Ich schicke Euch heute einige Photos, die ich mir neulich habe entwickeln lassen und die alle leider etwas dunkel geworden sind. Einige gefallen mir trotzdem ganz gut, weil sie in der Bildwirkung sehr hübsch sind und für mich vor allem den Erinnerungswert haben. Das Russenbildchen mit Exzellenz ist nun endlich dabei. Hinter Exzellenz reitet ein Meldereiter, der mein Pferd hält. Man sieht allerdings nur den Hals und die Ohrenkappen von meinem Max. Dahinter sehr Ihr die richtige galizische Landschaft: flachwellige, oben bewaldete Höhenzüge, die Täler mit Wiesen u. Äckern, oft unterbrochen von kleinen Baumbeständen und Büschen. Ein gutes Landschaftsbild ist auch „Stimmungsbildchen“, das Euch vielleicht einen Begriff von den schönen Ost-Galizien geben kann. Ich sehe die Bäume von meinem Fenster aus. Den Zborowiecki Las[?] seht Ihr in voller Pracht um meine Adjutantenwohnung rauschen
An dem Fensterchen rechts vom Eingang steht jener Fernsprecher, der in den Julitagen so bewegt wurde! Durch den gleichen Apparat habe ich übrigens schon in Binsle[?] gesprochen. Eben, wie ich das Bildchen nochmal betrachte, sehe ich am Fenster die Torfplatte mit 2 schwarzen Kühen stehen; mit der Lupe könnt Ihr sie ganz gut erkennen. Das Bildchen aus dem russ. Graben in Zwycyn[?] wird Werni besonders interessieren. Die Russen haben immer noch die alten behelfsmäßigen Schießscharten aus Holz, die bei uns schon 1915 verboten wurden. Ein schönes Bild vom deutschen Graben seht Ihr in der Aufnahme, die Fritz Kahl seiner Zeit gemacht hat, als ich als Reg. Adjutant mit Graf Hardenberg durch die Stellung ging. Ich halte gerade mein Fernglas in der Hand, das man gegen den dunklen Hintergrund nicht sieht, so daß man meint, ich „red\' mit der Hand“, besonders wenn man die […] […] dazu betrachtet. An den schmutzigen Gamaschen von Herrn Graf seht Ihr, das wir gerade vorher bei der Feldwache in den verlassenen russ. Gräben waren.
So, mehr Bildchen kriegt Ihr heute nicht. Ich bin übrigens wieder seit 3 Uhr früh auf, hatten wieder Nachrichtenübung. Eben habe ich einen Lichtspruch[?] an ein paar […] […] ergehen lassen „Ausharren[?]! Gegenangriff im Gang!“ Nach unserer Kriegslage wurde nämlich das Bataillon vom Feind von 3 Seiten eingeschlossen, und die Fernsprechverbindungen wurden alle als zerschossen angenommen.
Nun ade für heute! 1000 hrzl. Grüße Eurer Euchl. Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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