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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 11.01.1917 (3.2012.2822)

 

Batl.Geschäftszimmer. 11. I. 1917.


120.

Meine Lieben!
Es fehlt nicht mehr viel und ich schnappe über vor Größenwahn! Vorgestern Abend stand im Regimentsbefehl: „H. Panzer ist der Brigade zur Ausbildung als Regimentsadjutant namhaft gemacht. Auf dem Geschäftszimmer des Batl. arbeitet soh[?] H. P. zunächst in den Bürodienst ein, bis weiterer Befehl kommt.“ Was sagt Ihr dazu? Ich war sprachlos! Ich und Regtsadjutant! Dat Dingen is jehut[?]! Na, gestern wurde ich nun zum Batl.kdr gerufen, der beglückwünschte mich „zu der Auszeichnung“ u. sagte, ich sollte nun vorläufig auf dem Geschäftszimmer mich in den ganzen „Bürokratismus“ einarbeiten, in einigen Tagen führe der Adjutant auf Urlaub, dann muß ich gleich in seine Wohnung ziehen u. Batl. Adjutanten markieren. Es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern, dann siedle ich zum Regts.Stab über, um dort als 2. Adjutant und vielleicht sogar als „Ordonnanzoffizier beim Regts.stab“ zu wirken. Reiten kann ich ja, das übrige muß ich eben noch lernen. Schade ist\'s nur, daß ich so wohl ziemlich von Johannes getrennt werde. Johannes wird wohl nächster Tage zurück kommen und ich zum Batl. übersiedeln, sodaß wir uns dann auch Abends kaum sehen werden. Vorläufig wohne ich ja noch im Graben, essen tue ich schon beim Stab. Meine einzige Sorge ist die, daß ich kein Skat spielen kann. Ich wurde schon verschiedentlich gefragt, wer mich überhaupt zum Offizier gemacht hat, wo ich doch nicht mal Skat spiele. Ich habe zwar bei meinem Kmp.führer schon Skatunterricht genommen, hab\'s auch halbwegs begriffen, aber jetzt habe ich schon wieder die Hälfte vergessen, ohne sonderlich böse darum zu sein. Heute Vorm. habe ich hier auf dem „Büro“ gearbeitet, die Wachbücher durchgesehen, viele Befehle gelesen , das ganze Kartenmaterial durchstudiert, letzteres interessierte mich begreiflicher Weise mehr als das erste! - Gestern Abend erhielt ich Muttis lieben Brief, der mich erst noch in Besorgnis versetzt hat. Gott sei Dank ist nun alles gut gegangen mit dem armen Hennle[?], das kleine Dingle hat schrecklich viel zu leiden unter diesen ewigen Krankheiten.
-2-
Die Kinder sollen sich nur alle recht vorsehen, oft schleppen sie eine Krankheit ins Haus, ohne selbst davon befallen zu werden und die Anfälligen müssen dann drunter leiden. Besonders […] soll sich recht in Acht nehmen. - […] schreibt in ihrem Brief, ich hätte seit Anfang November […] keine [...] nach […] gegeben. Das stimmt nun doch nicht. Im Dezember habe ich auch geschrieben, das weiß ich bestimmt, allerdings weiß ich nicht mehr wem und was (ob Karte oder Brief.) In der zweiten Dezemberhälfte habe ich sie allerdings sehr vernachlässigt, wie überhaupt fast alle, die mir geschrieben haben. Ich kam einfach nicht dazu und habe jetzt auch ungeheure Briefschulden nach allen Seiten, die ich zum Teil auch werde bestehen lassen müssen. Denn Karten schreib ich nicht gern. Sie gehen durch die Hände von so und so viel neugierigen und geschwätzigen Ordonanzen, deshalb bekommt bloß Ihr Karten, dafür aber stenographierte, die doch kein Mensch lesen kann. Ich möcht ja auch immer „Privatangelegenheit“ darauf schreiben, weil im Felde jede Art von Kurzschrift verboten ist, für Mannschaften wenigstens. Offiziere geben ja durch ihre Unterschrift gewissermaßen den Eid ab, daß sie keine militärischen Dinge geschrieben haben.
- Gestern Nacht hat\'s wieder geschneit, heute ligt der Schnee bei uns (600-700 m Höhe) über 20 cm hoch, oben auf dem Berg 30-40 cm. Heute sieht es etwas beständiger aus, aber wer weiß wie lange es dauert und er fließt wieder in lieblichen Dreckbächlein durch die Laufgräben zu Tal. Wenn ich in meinem Unterstand energisch auf die Dielen trete, dann quatscht\'s schon wieder so lieblich, daß es eine wahre Freude ist. - Daß Herr Rachand[?] gestorben ist, las ich in der Fschl[?]-Zeitung. Gefreut hat\'s mich, daß Onkel Werner d. o. Professur[?] in Münster bekommen hat. - Was ist\'s eigentlich und Prof. Drewemann[?]? War er bloß auf Urlaub zu Weihnachten? Oder kommt er nun doch zur Univ.? Es mußte sich doch eigentlich etwas machen lassen, daß die nachbarliche Mißgunst nicht einfach unterdrückt, was dem kleinsten uner[…] Juristen möglich ist!! - Bitte schicke mir das Schulgeographiebuch Europa (außer Deutschland), ich muß allmählich die Elemente meines Fach\'s beherrschen lernen! - Nun lebt wohl.
1000 herzl. Grüße Euer Euchl. Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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