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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 20.08.1917 (3.2012.2822)

 

20. August 1917.


248.

Meine Lieben!
Ich fühle mich einigermaßen verpflichtet, an Euch jetzt oft und ausführlicher als früher Nachricht gelangen zu lassen, denn der Hinderungsgrund zu vieler Arbeit liegt jetzt nicht vor. Heute Vorm. z. B. war Exzellenz mit dem Adjutanten (stellv.) H. Schmidt ausgeritten, so schaltete ich allein in Haus und Hof, ließ den Hühnern Sand in die Einfriedung streuen, beaufsichtigte den Neubau des Kasinos, ging in die Pferdeställe, die Mannschaftsküche, ließ ein großes Geländer am See entlang bauen, damit die Artilleristen nicht mehr ihre Pferde in die Schwemme reiten u. uns das Wässerlein trüben, denn ein solches ist der „See“ in der Tat. Auch bestellte ich den Veterinär für ein krankes Pferd, schlug beim Pionierpark Krach, weil wir die versprochenen Bretter und Ofentüren noch nicht bekommen hatten und bat den Verpflegungsoffizier, uns doch endlich Butter und Eier herauf zuschicken.
Nach dem Mittagessen ließ ich auf der anderen Seite vom See auch Geländer bauen und fing dabei ungezählte junge Laubfrösche im Gras, machte Aufnahmen und ließ mir die Sonne auf den Buckel scheinen. - Abends nach dem Essen wird immer mit Exzellenz Skat gedroschen; gestern Abend habe ich eine ganze Krone verloren, brauchte sie allerdings durch allerhöchsten Gnadenerlaß nicht in bar zu zahlen, aber die Ehre -, die Ehre - - ?!!
Ihr könnt Euch denken, mit welcher Leidenschaft ich spiele, es gibt ja auch nichts interessanteres, zeitvertreibenderes als so ein Skat! Stuuuuundenlang kann man sich damit amüsieren, ich gähne jetzt schon beim bloßen Gedanken. Aber per aspera ad astra! Aspera, ae die Nacht (, in der man Skat spielt,) astra, ae das Licht (das man sich nachher an seinem Schreibtisch anzündet, um noch ein bißchen die Reise des Sebastian Wengel zu lesen. -
Hier gibt es entsetzlich viel Mäuse. Meine Tischschublade schließt nicht ganz dicht, da haben mir diese verfl. rodentia doch tatsächlich die Films und den photogr. Apparat angenagt. Zum Glück ist es noch ohne bleibende Schäden abgegangen, aber schöner sind Photo u. Negative nicht geworden. - Mit Wespen und Fliegen liegen wir in stetem Kampf. Von ersteren habe ich schon eine große Menge mit dem Messer geköpft, letztere gehen regelmäßig auf den Leim und geben zu tausenden gemeinsam ihren Geist auf, soweit solcher vorhanden.
Ich lege wieder ein paar Papiere für das Kriegsarchiv bei, die Renni[?] aber wirklich gut aufheben soll. Denn sie sind mir oft schöne persönliche Erinnerungen u. Andenken, die einem anderen gar nichts sagen u. höchsten\'s den Sammlerwert für ihn besitzen. - Durch Johannes ließ ich ein Paketchen mit alten Büchern u. Briefen an Euch abgeben. Ich konnte es vor meinem Umzug nicht mehr fertig machen u. wollte es doch nicht mit zur Brigade schleifen.
Wir haben heute einen ganz prächtigen Sommertag gehabt, wißt Ihr mit so ganz blauem Himmel und großen weißen Wolken und einem herrlichen Buchengrün und 1000 leuchtenden Sonnenfarben, dazu das Fliegensummen und die behagliche Wärme u. das Froschgequake im See, unendlich schön einfach!
Nun aber ade! 1000 herzliche Grüße u. Alles Gute! Euer Euchl. Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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