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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 23.04.1918 (3.2012.2822)

 

Armentières, 23. IV. 1918.


387.

Meine Lieben!
Mit feinster Encre pour porte plume réservoir et usage général will ich Euch heute einen recht herzlichen Gruß senden. Heute früh war große Freude: Die Ordonnanz brachte mir gleich zwei liebe Briefe von Euch, beide aus Westerburg und zwar vom 9. u. 13. d/s[?], während gestern Mutti\'s liebe Karte vom 11. eingetroffen war. Habt vielen herzlichen Dank für die lange ausführliche Nachricht und die reizend gemalte Karte mit den Glückwünschen zum Kompagnieführer. Das muß ja ein ganz entzückender Erdenwinkel sein, wo Ihr Euch zu wohlverdienter Erholung niedergelassen habt. Wie gerne wäre ich bei Euch in den gemütlichen deutschen Bauernhäusern, auf den Waldbänken und im Säulenbasaltbruch, die Sehnsucht nach der Heimat ist manchmal arg groß! Aber ich habe keinen Grund zu klagen und Ihr dürft ja nicht denken, daß ich mich unglücklich fühle: wie froh bin ich, daß ich so Großes erleben und mit eigenen Augen schauen darf ! Jeder Tag bringt neue Eindrücke, ernste, großartige, komische, freudige in buntem Wechsel nacheinander, alle unvergeßlich. - Ich sitze vorläufig trocken und behaglich in Armentières (bekanntlich der Genitiv von „Armes Bier!“), meine Kompagnie arbeitet eifrig auf der Bahnstrecke nach H. Ich komme jeden Tag über die Lys, deren Wasser nicht anders aussieht, als das anderer Kanäle, und doch bleibt der Blick unwillkürlich etwas länger an ihren Ufern haften, welche Geschichte haben sie doch hinter sich! - Gestern Abend hatte ich Fritz Kahl zu Gast geladen: ich schriebs Euch wohl schon, daß Nix den ganzen Tag in der Küche eifrig tätig gewesen war. Und der Allerweltskerl hat uns ein Gericht Fleischklößchen mit Gemüse zubereitet, das sich auf der feinsten Tafel hätte sehen lassen können! Es war aber auch von einem ganz jungen – Reitpferd! - Das Gemüse hat er sich aus unserem Hintergärtchen geholt, mit etwas erbeutetem Mehl und wieherndem Fett großartig schmackhaft zubereitet. - Von der Butter in Büchsen, Marke „Antifrost“, hab ich Euch ja geschrieben. Zur Zeit frische ich meine französischen Kenntnisse durch eifriges Lesen des „Petit Journal“, „Miroir“, „Echo de Paris“ und der „Gazette des Ardennes“ einigermaßen auf. Ich bedaure jeden Tag meine englischen Unkenntnisse, gleich nach dem Krieg muß das ganz anders werden. - Hier sind sehr viele portugiesische Gefangene beschäftigt, beerdigen Pferdekadaver, füllen Granattrichter auf der Vormarschstraße und sind so wenigstens keine unnützen Esser.
Vorräte aller Art sind hier in ungeheuren Mengen erbeutet worden. Ganze Lastkraftwagenzüge mit Chokolade und Keks, großen Tonnen reinsten Öles und andere in der Heimat überhaupt nicht mehr gekannten Dingen sind schon nach rückwärts gekommen. Wenn erst mal die Metalle (Kupfer vor allem) und Gummi und Wolle geborgen sind, die hier in ungeheuerlichen Mengen, verschwenderisch angehäuft, vorgefunden sind, so kann uns das wirtschaftliche Durchhalten nicht schwer werden. Gestern kommt die Freudenkunde von der Kriegsanleihe, das ist ein herrlicher Sieg unseres Volkes!! - Nun lebt wohl, laßt\'s Euch recht gut gehen u. seid herzlichst gegrüßt von Euerm Euchl. Wolf.
[?]) Hat Vati für mich schon Kriegsanleihe gezeichnet? Sonst bitte ich ihn, es in der möglichen Höhe zu tun. Meine Geldsendungen habt Ihr hoffentlich erhalten.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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