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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 28.05.1918 (3.2012.2822)

 

28. Mai 1918.


415.

Meine Lieben!
Mein treuer Nix sagte heute früh plötzlich: „Herr Leutnant müssen so weitermachen, dann bin ich zufrieden“, deutete dabei auf meine Backen und bewies mir, daß sie tatsächlich recht voll und braun geworden sind und Hungergrübchen oberhalb des Hochbeines sich bis zur Unkenntlichkeit mit Fett unterpolstert hatten. Ich das nicht erfreulich? Er meinte auch, da würde Frau Geheimrat Spaß haben, wenn sie Herrn Leutnant jetzt sehen könnte. Ja, der schöne Maiurlaub ist ein frommer Wunsch geblieben und wir müssen vorläufig in Geduld abwarten, wann mich Hindenburg auf Urlaub fahren läßt. Er hat die Urlaubsliste unglücklicherweise in der Kiste, die er in seinem Feldzelt als Schreibtisch benützt, auf dem alle Angriffsbefehle entstehen. Die konnte er natürlich noch nicht aufklappen. (Das beiliegende Bild ist leider nicht so gelungen, wie ich es haben wollte!) - Gestern Abend erhielt ich Helgi\'s lieben Brief vom 23., für den ich ihr einstweilen herzlich danke. Die […]aufführung muß ja großartig gewesen sein, wie gerne möchte ich wieder einmal eine gute Aufführung sehen. Zum letzten mal im Theater war ich in Warschau bei der feinen Aufführung der „verkauften Braut“ von Smetena.
Der Gedanke, die Bühnenbilder durch verschiedenartige Beleuchtung der Vorhänge zu wechseln, ist großartig und ich werde Helgi nächstens mal ein Bildchen schicken, wie ich mir das vorstelle. - Hier möchte ich Maschle gleich bitten, mir doch meinen Faust zu schicken, ich bin hier ganz ohne klassische Dichtkunst und vermisse sie sehr. Als Feldpostpaketchen wird er sich wohl schicken lassen.
- Wir haben immer noch das herrliche Maiwetter, nachdem vorgestern das 2 tägige trübe Intermezzo durch plötzlichen strahlenden Sonnenschein sein Ende gefunden hatte. - Heute gehen bei uns ungeheure Gerüchte von einem großen Angriff zwischen Soissons u. Berry au Bac, 40 km Breite u 15 km Tiefe soll der Durchbruch bereits erreicht haben, engl. Gefangene seien dort eingebracht u. alle möglichen anderen Einzelheiten hört man, die das Gerücht wahrscheinlich machen könnten. Wir lauern gespannt auf eine amtliche Erklärung. - Ich schrieb Euch wohl schon, daß Fritz Kahl seit einigen Tagen auch hier ist. Wir sind natürlich viel zusammen, singen zur Zupfgeige, schwimmen in einem hübschen von Knollenköppen[?] bevölkerten Teich und genießen die wonnige Mailuft nach Kräften. Gesund ist das Leben hier entschieden und ich fühle mich wohl wie ein Fisch im Wasser. Am 1. Juni soll endlich die Urlaubssperre aufgehoben werden, nun rücken meine Urlaubsträume doch schon mehr ins Reich der Wirklichkeit. Ich weiß allerdings zur Zeit noch nicht, wieviele Herrn des Batl. vor mir Anspruch auf Urlaub haben. Na, nous verrons sagt Onkel Hans!
1000 hrzl. Grüße Euer Euchl. Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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