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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 30.06.1917 (3.2012.2822)

 

„Regim. Stabsquartier“, 30. Juni 1917.


219.

Meine Lieben!
Meine gestrige Karte war natürlich ganz falsch beziffert, es ging so wahnsinnig eilig, der Major ging schon ins Kasino, der Fernsprecher klingelte 3 mal dazwischen u. in der Türe stand eine Ordonanz, die noch 2 schriftl. Befehle haben mußte u. gleichzeitig meine Karte mitnehmen sollte, Ihr verzeiht wohl die Flüchtigkeit. Es tut mir so leid, daß ich Euch in letzter Zeit so vernachlässigen mußte mit Nachrichten. Es kam eben viel dazwischen, das große Unwetter, von dem ich Euch schon einiges erzählt habe, dann meine plötzliche Kommandierung zum Regt., gestern auf einmal die eifrige russische Tätigkeit gegen unsere K. K. Nachbarn, wobei alles die Ruhe behielt, nur die Vorgesetzten nicht, die sich durch ihre Ordonanzoffiziere, Adjutanten, Generalstübler u. alle sonstigen Stabsoffiziere ständig auf dem Laufenden erhalten wollten, anstatt zu warten, bis ich die endgültige klare Meldung über die Veränderung der Lage ihnen zukommen ließ. Aber da herrscht dann die laufende[?] große Ungeduld, ein gewisses Mißtrauen über die Richtigkeit der Maßnahmen der Unterführer macht sich geltend und Befehl über Befehl wird gegeben, bis sie oben schließlich überhaupt nimmer wissen, was sie befohlen haben. Und da muß nun so ein armer Regimentsadjutant herhalten, alles u. jedes wird durch ihn gemacht, er ist eine Vermittlungsstelle, die zunächst alles von oben kommende aufnimmt, dann dem Major entsprechend leicht gefärbt vorträgt und endlich im Sinne des Regiments nach unten weitergibt. Ständig habe ich da natürlich die Batl. Adjutanten an der Strippe, die Brigade ruft nun durchschnittlich alle 4 Minuten an, der Generalstabsoffiz. der Div. alle 15 Minuten, dann muß ich eben in ständiger Verbindung bleiben mit den Adjutanten der Nachbarregimenter, auf der einen Seite ist\'s ein Rittmeister, auf der andern ein K. K. Hauptmann, dazwischen sitze ich als junges Leutnantchen, dann will die Artillerie natürlich auch Verbindung mit uns haben, der Gasschutzoffizier der Div. will Aufschluß haben, ob die Russen auch bei uns mit Gas geschossen hätten, unser Verpflegungsoffizier erwartet meine fernsprechlerische Hilfe in einem Streit mit der Divisions-Marketenderei, der Oberleutnant von der Abteilung I b der Division teilt mir die erschütternde Nachricht mit, daß sich die Brieftasche des Schützen Kleinemeyer gefunden hat u. abgeholt werden kann und die Krone von\'s ganze: während draußen die Granaten heulen und ein wüstes Trommelfeuer bei den Österreichern tobt, ruft mich der Rittmeister v. Ixberg, Führer einer Kavallerie-Abteilung an u. bittet mich dringend, ich möchte ihm doch einige Spielleute meines Regiments namentlich zur Versetzung zu seiner Abteilung melden, er möchte dort gern einen … Trompeterchor gründen!!! ---Rum! Rum! Rum, rum! Donnert es an der Front .........! .
- Gerade eben bringt die Post Maschle\'s lieben Brief vom 25.6.17. für den ich herzlichst danke. Überhaupt muß ich Euch für alle Eure lieben Briefe und Karten, bes. auch vom Hexle, und für die herrlichen Paketle, die ich alle bekam, für die schönen Geburtstagsbücher, von denen ich bis jetzt kaum das Titelblatt lesen konnte, so viel beschäftigt bin ich, meinen herzlichsten Dank sagen. Ihr versteht, daß es mir nicht möglich ist, das einzeln jedem zu tun wie ich gern möchte, ich werde jetzt bald Zeit bekommen mehr u. häufiger zu schreiben. Man hat hier – unter dem „Alten“ natürlich, der nichts davon ahnt – die stille Vermutung, daß der Regim. adjutant auf immer abgekratzt ist. Na, wir werden es abwarten müssen, wird schon noch irgendwie werden die Sache. Und ich fühle mich ihr gewachsen, die Ruhe habe, die man dringend braucht, wie ich gestern gemerkt habe, es prallt alles ab, selbst Bürokratius!
Nun aber lebt wohl.! Alles Gute u. 1000 herzl. Grüße Euer Euchliebender Wolf.
Sehr interessiert hat mich, daß Mariannle bei Mirfelden „Heidelberg“ sucht[?], ([…]), wie Maschle schrieb, da wird sie ziemlich lange suchen müssen!!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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