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Brief (Transkript)

Ernst Guicking an Irene Guicking am 24.09.1943 (3.2002.0349)

 

Im Westen, den 24.9.43



Liebstes Muichen,

Gott sei Dank, mein Schatz. Du hast mir mit Deinem ersten Brief nach der Geburt viel, viel Erleichterung gebracht. Ich bin erstaunt über Deine Schrift Irene. Es ist doch kaum ein Tag vergangen, und wenn ich an den ersten Brief von Bali denke, oh je, welch ein Unterschied. Den Zeilen sah ich schon an, daß es Dir nicht so schwer gefallen sein konnte. Ja mein Schatz, ich bin ja so froh, daß alles so gut und schnell ging. Ich kann ja immer nur wieder staunen über meine brave Mutti. Ich hab mir schon die schlimmsten Gedanken gemacht, weil Du doch nur von einem Brüderchen gesprochen hast. Nun bin ich ja zufrieden. Wir werden an unseren beiden Töchtern auch unsere Freude haben und glaub mir, mein Schatz, dessen bin ich gewiß. Ich freue mich nur, daß ich eine glückliche Frau daheim habe und von der ich weiß, daß sie alles gut überstanden hat. So einen kleinen Unterschied hast Du schon festgestellt? Ich bin ja gespannt, denn naturgemäß müßte sie ja diesmal in die Fußstapfen der Mui treten, nachdem man ja vielerseits festgestellt hat, daß Bali ihrem Papa nachfährt. Hoffentlich hat sie denselben Humor und die Lebensgeister wie Bali und nicht zu große Füße. Ich warte nun noch auf Deinen Kurzbericht, Bobeschen, na, er wird wohl schon unterwegs sein. Bali ist Dir jetzt lästig? Was kann man denn da machen? Die muß doch Verbindung halten zwischen Oma und Mui. Kannst Du das nicht verstehen, aber anscheinend bist Du mit Deinen Nerven nicht ganz so zurecht. Es ist nur gut, daß es während der Nacht losging, sonst hättest Du evtl. auf irgendeiner Wiese bei einem Korb mit Pilzen oder mit Tannewutzchen gesessen. So etwas gab es auch schon. So mein Schatz, paß auf Deine Beine auf. Gib acht, bleib lieber noch einen Tag länger im Bett, als daß Du alles verdirbst durch das frühe Aufstehen. Also denk an meine Mahnung, Du hast nichts versäumt und kannst Dir nur damit schaden. Liebling, ich habe jetzt Päckchen gepackt. Das erste ist schon unterwegs, jeden Tag geht eins ab, sofern ich es nicht vergesse, weißt Du vor lauter Arbeit. Also ein Pfund Kaffee und Nüsse. Und ein Pfund Kaffee und wieder Nüsse. Ein Pfund Kaffee, ein paar Handschuhe und Nüsse. Ein Pfund Kaffee, ein paar Handschuhe und Nüsse. Ich hab den Kaffee nicht pfundweise teilen können, weil ich keine Waage habe. In zwei Päckchen ist immer ein Kilo. Es ist ungebrannter für Tante Lene, für Euch bekomme ich gebrannten. Und die Handschuhe heb Dir gut auf, sie sind sehr wertvoll. Der Kaffee kostet 150,00 Mark. Habe auch eine schöne Strickjacke für Dich gefunden, in dunkelbraun. Ja mein Liebes, vergeßt nicht das Geld zu schicken. Das was ich mitnahm, habe ich zum Teil noch in der Tasche aber ich brauche doch Franc. Ihr wißt doch, daß ich nur Kaffee kaufen kann. Ich kann nicht genug Geld dafür haben. Ich bekomme den Kaffee ins Haus gebracht. Ich habe somit keine Lauferei, ich komme ja sowieso nicht aus dem Haus. Es ist schon wieder 1.00 Uhr nachts. Mit Urlaub, mein Schatz, ja wer will denn meine Arbeit machen? Hoffentlich wird zum Oktober die Urlaubssperre aufgehoben, dann werde ich bald bei Dir sein. Man sagt mir hier, daß ich doch einsehen müßte, zu einer ruhigeren Zeit will man mich gern fahren lassen. Ich bin jetzt nur gespannt, wann die ruhige Zeit kommt. So etwas an Arbeit habe ich noch nicht erlebt. Aber immer wieder denke ich, diese Stellung, es würden Tausende mit mir gern tauschen. Lieb, gut Muichen, ich will mich nun fertigmachen für die Heia. Und Dir küsse ich Deinen lieben Mund und Deine Augen und Deine Hände und ich bin immer in Gedanken bei Dir. Glaub mir, immer und immerzu denke ich an Dich und an Euch alle zu Hause. Paß gut auf unsere beiden Schatzelis auf und sei glücklich und froh

Deine glücklicher Ernst

 

 



Ansicht des Briefes

 

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