Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Ernst Guicking an Irene Guicking am 19.10.1939 (3.2002.0349)

 

Im Feld, den 19.10.39



Mein liebes Frauchen,

daß Du gestaunt hast über die Päckchen kann ich mir lebhaft vorstellen. Auch Dein Brief beweist es mir vom 13. Ja, die Taschentücher, daß hat seine Gründe.
Gelegenheitskäufe muß man zur rechten Zeit wahrnehmen. Habe mich selbst gefreut über so nette Kleinigkeiten. Schade ist nur, daß so etwas wohl nicht mehr vorkommen wird. Und heute abend war es wieder sehr nett. Ein gutes Abendessen, Wein und Glühwein. Staunst Du nicht über ein solches üppiges Leben? Was daheim fehlt, ist hier im Überfluß. Glaubst Du auch, daß ich seit 20 Tagen 5,00 Mark einstecken habe und noch nicht einmal dasselbe habe anfassen brauchen. Wenn es doch nur immer so wäre. Natürlich nur in Hinblick auf das Geld. Heute haben wir einen besonders segensreichen Tag hinter uns. Um 13.00 Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung Franzmann. Wir sahen gerade noch, wie auf den Spicherer Höhen zwei Kühe abgetrieben wurden. Um 14.00 Uhr standen wir bereits in den ersten Stellungen unseres nach Hause gegangenen Franzers. Und siehe da, es stand alles noch am Platz. Handgranaten, Gewehre, Mäntel, Ausrüstungsgegenstände, Fahrräder und viele, vieles mehr. Ich sage Dir aber, ein Gestank in den Unterständen, nicht zum Aushalten. Wie in einem Affenstall. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß sich der Mensch so weit herab lassen kann. Es sind Menschen aus aller Herren Länder. Kulturell verkommen, oder besser gesagt, dumm geboren und nichts dazugelernt. Auch einige Briefe waren dabei. Was haben wir da für Zeug hinaus geschleppt. Ich schicke Dir demnächst zwei Eierhandgranaten. Die Pulverladung nehme ich natürlich erst hinaus. Du brauchst Dich nicht zu ängstigen. Vollkommen ungefährlich. Auch ein ewiges Andenken. Bitte gut aufbewahren und vor allem nicht Jedem zeigen. Mit dem Fahrrad tritt eine Verzögerung ein. Augenblicklich herrscht eiserne Ruhe hier. Heute ist kein Schuß gefallen. Der Franzmann hat uns gestern auch auf dem schnellsten Weg das deutsche Gebiet übergeben müssen. Er kann doch noch gut laufen. Der Gedanke, von wegen Saarbrücken einnehmen, ist ihm doch bitter zu stehen gekommen. Die Spicherer Höhe mit seinen zwei Trikoloren haben die längste Zeit ihm gehört. Es sei denn, daß wir sie auf Befehl wieder aufziehen müssen. Bis morgen mein Schatzi! Bleib brav, herzlieb!

Dein Ernst

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top