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Brief (Transkript)

Ernst Guicking an Irene Guicking am 20.08.1940 (3.2002.0349)

 

Im Westen, den 20.8.40



Liebe Frau,

heute erhielt ich Deinen Brief Nummer 68 und die Karte mit "Hurra, Hurra, Hurra." Bobi, Deine Worte gefallen mir ganz und gar nicht. Ich hatte ja angenommen, daß Du mir wegen des "blauen Briefes" im Stillen verziehen hättest. Ich muß nun leider doch annehmen, daß ich damit doch nicht das erreicht habe, was ich wollte. Ich muß auch einsehen, daß ich damit einen groben Fehler gemacht habe. Ja, ich hab mit Deiner Liebe gespielt. Ich wollte ja mit diesem Tun etwas tiefer in Dich hineinschauen. Ich habe dabei den Kürzeren gezogen, indem ich in Dir das Mißtrauen erweckt habe. Irene, nimmst Du immer noch an, daß ich Dich damit betrügen wollte? Ich weiß, ich hätte damit Deine Ehre besudelt. Ich hätte Dir dies später bestimmt einmal sagen müssen. Ich konnte es nicht für mich behalten. Nun schreibst Du, Du wüßtest wie es die Männer draußen treiben, Du hättest das schon gehört und gewußt. Vielleicht hast Du auch mal in der Illustrierten die Karikaturen gesehen, betreffs Verhalten der Soldaten in Paris. Ja, so treiben wir es. Denke Du nur so weiter und versuche dann mal festzustellen, wo Du mit diesem Denken hinkommst. Ich kann Dir nur eins sagen, Irene, wirf diesen Gedanken fort, aber so weit als möglich. Anderenfalls verbitte ich mir über Deine Briefe jegliche Anrede. Ich bin es ja dann nicht mehr wert, von Dir geliebkost zu werden. Ich bin ja auch dann nicht mehr Dein "lieber Mann" oder Dein "lieber Ernst". Irene, nimm es mir nicht übel, bitte, aber ich muß es Dir sagen: Mach nicht so weiter. Du machst Dich lächerlich. Ich bin doch schließlich kein Charakterkrüppel. Meinst Du wirklich, daß die Zeit in Gießen für mich nur ein Abenteuer war. Hältst Du das für abgeschlossen, auf das hier ein neues beginnt? Oh, Irene, bin ich wirklich so tief gesunken? Dann vergiß das Abenteuer und alles, was damit zusammenhing auch. Ich kann dann auch nicht Dein Mann sein.

Dein Ernst

 

 



Ansicht des Briefes

 

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