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Brief (Transkript)

Hellmuth H. an seine Familie am 30.09.1941 (3.2002.7139)

 

Nr.53.

30.9.41



Mein sehr liebes Beißerle!

Dein Briefzeug kamen zur rechten Zeit, sodaß ich wieder fleißig schreiben kann! Mir geht es unentwegt gut; die Woche der Gefechte ist nun wieder ein Weilchen vorbei; wir sind sofort danach noch 25 km fast bis zur Spitze der Halbinsel vorgestoßen und jetzt schon wieder - nach 2 Tagen notdürftiger Ruhe - 3 Tage anständig durch Sumpf und Sand zurückmarschiert; 22 Kameraden sind nicht mehr dabei, davon 7 dageblieben. Jetzt geht es rastlos weiter; vor uns wird schon die Front vorgetragen; aber vielleicht kommen wir diesmal nicht heran. Inzwischen gab es wieder massig liebe Post, Briefe in ziemlich wilder Folge* und viele viele Päckchen! Mit Brausepulvern reiche ich jetzt bis Herbst 1942, aber das kannst Du nicht wissen, daß es hier schon so kühl ist. ...
Sehr beliebt ist natürlich das Konfekt; ich staune, wie Du sowas noch bekommst; an Traubenzucker bitte nur noch Dextro-Energen (auch Kika Kara nicht); das andere Zeug schmeckt nicht. Nun brauche ich noch einiges: mir ist nämlich mein Panjebeutel mit dem ganzen Waschzeug in den Gefechten verlorengegangen; ich brauche demnach (und leider ist keine große Aussicht, sowas hier im Sowjetparadies zu erbeuten): Rasierapparat, 1 Rasierpinsel, 1 Werkstoffhülse f. Rasierseife, 1 Waschlappen, etwas Nivea o. ä. Nun zu Deinen lb. Briefen: ich würde mich freuen, wenn Du Dir inzwischen einen netten Pelzmantel gekauft hättest; hoffentlich etwas, was Dir auch wirklich gefällt. Damit’s Geld reicht, schicke ich in den nächsten Tagen wieder 100 RM an Dich. Übrigens Deine Briefe von 11 bis 17 sind vollständig angekommen; sicher auch die Päckchen, die ich nicht aufmerksam kontrolliere. Übrigens erwarte ich bald mal wieder einen Film, ich habe gerne immer einen kleinen Vorrat. Was Du mir über die Kinder, bes. jetzt aber den Pummer erzählst, macht mir viel Freude. Du kannst mir auch ruhig mal erzählen, welche Buchbeilagen bei „aus der Heimat“ sind usw. Der Tausch Äpfel - Zucker ist ja ganz vorteilhaft; aber wie kann Leni 2 Pfund abgeben, ohne krumme Wege gegangen zu sein?! Der Holzkauf ist sehr vernünftig; kleine Vorteile scheint das dörfliche Leben doch zu haben. Dem Hoerrle kniee intensiv auf der Seele; ich will die Bilder bald zu Hause wissen, damit für die Kameraden Abzüge gemacht werden können. Den Domkantor habe ich lange nicht gesehen; der steckt bei der Artillerie. Anbei einen unserer Propaganda-Zettel, der mit seinen handfesten Bildern an den einfachen Sinn des Russen herangeht. Ein sehr interessantes russisches Flugblatt bekam ich neulich, wo vom heldenmütigen Partisanenkampf geschickt in Verbindung mit Schill und Andreas Hofer die Rede war; dann: „Wenn Du nicht aus freien Stücken von hier fortgehst, bist Du verloren. Der harte russ. Winter zieht herauf. Komm herüber.“ usw.
Heut bin ich etwas müde, deshalb herzlichen Schluß Dein Hellmuth.

*am 29.9. ein Brief vom 28.8.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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