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Brief (Transkript)

Hellmuth H. an seine Familie am 21.06.1940 (3.2002.7139)

 

21.6.40.



M.l.B!

Gestern kam wieder ein Schwung Briefe, darunter der eine mit den lieben Zeichnungen und der mit der Beschwerde, daß „nur“ 4 Drucksachen gekommen wären; das ist doch aber auch ein Lebenszeichen! Bei uns hat sich nicht viel geändert; wir sind noch immer nördlich der Loire, wenn auch dicht daran; alles ist ja noch so ungeklärt; aber Kämpfe sind nicht mehr zu erwarten. Rückschauend ist unsere Kompanie im Regiment, vielleicht auch in der Division, am glimpflichsten davongekommen mit 1 Toten und 6 Verwundeten, davon keinen schwer; es gibt Kompanien, die fast das 10-fache an Verlusten hatten; auch Rauters ehemalige Kompanie soll ziemlich schwere Verluste gehabt haben.
Gestern kam auch wieder ein liebes Päckchen mit Makronen, gebrannten Mandeln und Bonbons, die hier immer eine angenehme Abwechslung bedeuten.* Heute gab es aber wieder mal Schokolade und da schneiden die Nichtraucher immer besonders gut ab. -
Für den Dicken habe ich einen roten Fez, eingepackt von einem schwarzen Unteroffizier, samt Umschlagschal; solche Sachen liegen wie anderes Militärgerät haufenweise am Wege. Jetzt begegneten wir übrigens endlosen Gefangenenzügen, am Schluß immer die Schwarzen, oft von wenigen Deutschen bewacht; ja sogar kleine Gefangenentrupps ohne jede Bewachung sieht man; die Lust zum Kämpfen ist vergangen; unser Sanitätsfeldwebel fuhr vor ein paar Tagen in ein Dorf, wo noch bewaffnete Franzosen waren; sie zeigten ihm den richtigen Weg auf der Karte und verabschiedeten sich mit Heil Hitler, sodaß der Held vergaß, sie gefangen zu nehmen; aber so ist es nicht überall. Hier kann man mit der Zivilbevölkerung jetzt sein Französisch vervollkommnen; die Franzosen sind meist recht höflich, aber keine Sorge: j'aime seulement ma femme! Da ich hier kaum Geld auszugeben Gelegenheit hatte, schickte ich heute 80 RM an Dich! Es wird aber wohl etwas dauern, bis sie ankommen; vielleicht kann ich meinen häuslichen Zuschuß allmählich zurückzahlen, dann mußt Du aber durch meine Abwesenheit doll gespart haben! -
Daß Dir die Zaubergeige gefallen würde, wußte ich.* Mutti weiß kein Geburtstagsgeschenk für mich , vielleicht schlägst Du ihr den „Herrn Kortüm“ vor; sie kann ihn noch vorher lesen; aber herschicken geht schon wegen des Gewichtes nicht; mit dem Schleppen wär’s jetzt nicht mehr so schlimm, da wir wohl nicht mehr allzuviel marschieren werden und ich eine „Beuteltasche“ mir zugelegt habe. Gut, daß ich erst nachträglich erfahre, daß der Plattenspieler schon kaputt war! Die Strümpfe schicke bitte nicht, wir haben genug und werfen zerrissene meist fort. -
Paß nur gut aufs Schwesterlein auf, daß es nicht verunglückt. Gestern kamen wieder 2 Filme von Belgien u. Frankreich, aber doch einiges verkracht.
Alles Gute Dein Hellmuth.

*auch das Bildchen erfreute mich sehr, da Du einmal mit darauf warst
*daß die Kartoffeln dabei verkohlen, natürlich nicht!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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