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Brief (Transkript)

Hellmuth H. an seine Familie am 18.10.1939 (3.2002.7139)

 

Duschnik, 18.10.39


M.l.B.!

Ich glaube, es wird mal wieder Zeit, daß ich außer „sachlichen“ Grüßen auch wieder mal etwas von mir hören lasse, denn vom Fett allein lebt der Mensch eben nicht. Aber die Zeit ist knapper geworden, da der Dienst jetzt später beginnt u. die Abende sehr schlecht beleuchtet sind, auch das Heizen mit allem drum und dran Zeit kostet. Inzwischen hast Du mit freudigem Schrecken, aber doch wohl Schrecken eine Gans in Empfang genommen, die sicher noch ganz tadellos war, da sie einige Stunden vor dem Abtransport hier erst ihr Leben ließ; hoffentlich gab es auch etwas Gänseschmalz; weiterhin hast Du Dir 2 Pfd. Butter bei einem Kameraden abgeholt, auch wohl 2 Stück Seife + Gummielefanten erhalten; diesmal ist die Butter Bratenschmalz, da die Butter zu Mutti geht; alle diese Dinge sind jetzt schon recht schwer zu bekommen und manche Freizeit verrennt man damit. Inzwischen bin ich mit meinem Kameraden wieder einmal umgezogen, diesmal zu Deutschen, wieder schöne Betten, Ofen, 2 Fenster zur Straße, etwa wie in einem der kleinen Gasthöfe im Bayerischen Wald oder im Gebirge. -
Meine Ausflüge nach Sliwno werden seltener, da es so früh dunkelt und die Wege ziemlich schlimm sind. Letzten Freitag war ich dort zur Beerdigung des Familienseniors in dem Erbbegräbnis (das ist der Verfasser der Familienchronik). -
Die Urlaubstermine sind noch immer nicht heraus, es wird wohl vor dem 25. nichts werden, das Vorrecht haben Landwirte, selbständige Gewerbetreibende u. besondere Krankheitsfälle o.ä.; aber daß etwas dazwischen kommt, ist unwahrscheinlich. Der Westen entwickelt sich ja sehr günstig; die Franzosen kämpfen ohne große Begeisterung und die Engländer müssen schwere Schläge einstecken; aber hier sind wir auf die Dauer noch nicht entbehrlich, erst wenn die Polen, die rausmüssen, wirklich raus sind.- Die „Hamburger“ habe ich bekommen, aber die Koralle, die am Mittwoch doch kommt, müßte schon längst hier sein; allerdings gab es 2 Tage keine Post. Zum Robert-Koch-Film (das Reklamebild im „Landsberger“ war unbeschreiblich!) die DAZ-Kritik. - Ich habe auch schon etwas Sorge, daß ich langsam auch beruflich ins Posensche, vielleicht Posen, gesteckt werde, aber ohne irgendeine Verbesserung, bzw. Beförderung, aus der ich mir ja aber nichts mache, wäre das ein schwerer Schlag, wenn auch Posen eine moderne Großstadt von 270 000 Einwohnern ist. Die Eltern haben mir die angekreuzten Bildchen wieder zurückgeschickt, mit einem Kriegsrätselbüchlein. Ich freue mich immer wieder, wenn ich die entzückenden Kinderbilder, die ja meist von Dir stammen, jemandem zeige; Du hast Dich als sehr fähige Photographin erwiesen; aber meine Naturaufnahmen sind doch auch nicht schlecht geraten.- Dem Dicken schönen Dank für die Schokoladetäfelchen, die mir wie die andere sehr schöne Tafel eine Speisezettelabwechslung brachten. Postanschrift ist schon wieder anders:
da die Bahn jetzt bis Samter geht, heißt es jetzt Postabholstelle Samter (SAMTER) mit gleicher Nr. (10131).

Mit Deinem Besuch in Sliwno wird es nichts werden, da die Einreisebestimmungen noch sehr streng sind.

Ich laß mir auch einen Fahrschein nach Bln geben, um Mutti zu besuchen, der ich nicht noch eine Fahrt nach Landsberg zumuten kann. Am liebsten hätte ich mir einen Urlaubsschein kostenlos(!) nach Lienzo. ä. geben lassen; vielleicht läßt sich das im „Frühlingsurlaub“ machen!

Schon wieder geht eins der Sliwnoer Weihnachtslichtreste zu Ende u. ich schließe mit vielen lieben Grüßen
Dein Hellmuth.

Auf den Pummer bin ich schon sehr gespannt; ich werde nun vielleicht zu seinem 1. Geburtstag dasein.

 

 



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