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Brief (Transkript)

Freund an Wolfgang Panzer am 06.05.1918 (3.2012.2822)

 

Magdeburg, 6. Mai 1918.



Mein lieber Wolf!
Soeben habe ich Deine liebe Karte vom ersten Luius[?] erhalten und will Dir mit umgewendeter Botenfrau über meine hiesige Stellung Rapport erstatten, ergo: ich stehe stramm, Hände an der Hosennath etcetera pp und beginne meinen Sermon folgender maßen:
Melde gehursamscht ---
Es hat mich sehr gefreut, daß Du trotz Deiner umfangreichen Tätigkeit noch für Deinen alten Kommilitonen soviel Zeit übrig hattest, um mir zu schreiben und mein Dank soll im gegenwärtigen Brief bestehen. Zunächst zu Deiner – verzeih – sit venia verbo – Kaffee- und Kuchen Auszeichnung meinen allerherzlichsten Glückwunsch, mein lieber Wolf. Da es mir vom Schicksal nicht bestimmt war, für meine Verdienste den noch zu schaffenden Signalorden am Sauerstoffbande“ oder eine ähnliche Auszeichnung zu erhalten, werde ich wohl warten müssen, bis pace facta mit Herr J. C. Brătianu oder Tace Ionescu das „Petroleum-Großkreuz“ an den Frack heftet, von dem ich dann hoffe, daß das Wort des alten „Caligula-Stiefelchen“ gilt: non olet; vom Orden natürlich, nicht vom Frack, mon cher. -
Recte dixisti – wenn Du meinst, daß ich mit meinem gegenwärtigen Los außerordentlich zufrieden bin; aber ich habe auch Grund dazu. Meine Gesundheit läßt freilich sehr zu wünschen übrig, zu meinem Magenleiden haben sich schwere nervöse Herzbeklemmungen eingestellt, sodaß der Arzt – ein gemütlicher alter Sanitätsrat – an der Wiederherstellung meiner Kavoauigkeit[?] zweifelt. Néanmoins – ich bin zufrieden. Gute Behandlung, feine Verpflegung und – last not least, wie der Deutsche sagt, - ganz entzückende, süße, junge Schwestern - -
Schwestern, sage ich Dir, mon cher, einfach unbeschreiblich – Besonders eine, ein reizendes Kind, 19 Jährchen, mit dem wundervollen rumänischen Namen „Elvira“, dunkles, üppiges Haar, weiche Augenbrauen – in allem erinnert sie mich sosehr an „la Frumoasă Rumânia“ - Mensch, Krieger, und es ist Mai – und der Flieder blüht – und wir sitzen uns gegenüber im Garten an einem lauschigen Plätzchen, ganz allein – parbleu, wenn ich nicht so solid verlobt wäre, ich wüßte nicht, was ich täte. Doch ich will Dir, mein Bester, der Du inzwischen Eisenbähnchen baust, um bei Friedensschluß die wackeren Kämpen in die Heimat zu befördern, nicht das Herz schwer machen. Doch – man wird ja einmal nur geboren - - -
Hattest Du übrigens schon einmal die Gelegenheit, meine Skizze: „Herbstabend“ - ich schrieb sie bereits vor einigen Jahren, - kennen zu lernen & würde Dich deren Lektüre eventuell interessieren, dann sollst Du ein Exemplar dediziert bekommen. Sag nur ein Wort. - - -
Du kennst doch meinen Wahlspruch, H. Heine entnommen:
„Solange es Frauen gibt, werde ich lieben. Erkaltet mein Herz für die Eine, so erglüht es gleich für die Andere & wie in Frankreich der König nie ausstarb, so heißt es halt auch in meinem Herzen: La reine ist morte, vive la reine!“ Nett, was, natürlich cum grans salis zu nehmen, doch: sich verlieben kann man öfters, lieben kann man einmal nur – kennst Du die Oper „Czárdasfürstin“?
Nun aber finis, mein Bester! Viele Grüße dem langen Hinrich, für heute leb wohl, mein lieber Wolf, erfreue mich bitte recht bald wieder mit Nachricht, sei herzlichst gegrüßt und halte für wenigstens nicht komplett verrückt Deinen alten
treuen
ErnstMichaelHenting.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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