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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 07.05.1917 (3.2012.2822)

 

7. Mai 1917.


188.

Meine Lieben!
Ich habe gerade im „Soldatentröster“, den ich neben der Frtf. Ztg. halte, ein ganz lehrreiches Rechenbeispiel über Gemüseeigenbau gefunden, das Mutti „anziehen“ wird; ich lege es Euch bei. So bringt der Tröster ab und zu vernünftige Sachen neben blühendstem Unsinn. Ich lese gerade die Überschrift: „Ein glänzender Ersatz der Chirurgie“. Der Leser greift sich an die Stirn, kann man eine Wissenschaft – gleichviel ob theoretische oder praktische – ersetzen? und stürzt sich gespannt auf die ersten Zeilen. Natürlich! Man konnte sich\'s ja gleich denken! „Im Ersatz von Gliedmaßen ist in diesem Kriege....“ - Solche Sachen kommen immer vor, wenn mal die Divisionsbefehl nicht da ist, lese ich die „Breisgauer“, da braucht man keine Jugend, keinen Simplizissimus und keine „Fliegenden“! Am schönsten sind die Überschriften im Tröster, ich muß Euch doch gelegentlich mal einige zu einem Kinoprogramm zusammenstellen. - In der Fdl[?]. Ztg. vom 3.V. las ich heute sehr interessante Sehe[?] über Luftausflüge von Fischen. Werni kann sich die Zeitung ja raussuchen. Habt Ihr neulich den Aufsatz über das Wunder des Selens gelesen? Die Frkf. Ztg. bringt einem im Unterstand doch viel Anregung. Hoffentl. Bleiben die Nachfolger Magsamen\'s in dessen Bahn.
Nun aber genug davon! - Gestern habe ich endlich Muse gefunden – es war ein Regensonntag – den Maler Nolten anzufangen. Ich habe mich gleich mit Wärme hineingelesen, kann natürlich jetzt, solange ich drin lese, nicht darüber urteilen. Gegen Abend, der Regen hatte nachgelassen, machte ich mit meinem Freude […] einen 2 stündigen Spaziergang, ohne Wege natürlich; es war riesig neblig, sodaß wir überall herumturnen konnten, wo man sich sonst lieber nicht sehen lassen darf. Der Franzmann könnte es einem doch übel nehmen. Er belästigt uns aber nicht mehr, als wir ihn. Wenn hier in den nächsten Tagen vielleicht ein Zauber steigen sollte, so bin ich gänzlich unbeteiligt. Aber bitte Stillschweigen!
- Mit dem Brot ist es hier besser geworden, die Leute kriegen wieder 100gr mehr, jetzt kommen sie gut aus.
Mein treuer Nix hat jetzt schon ein ganzes Reservebrot herausgeschlagen, indem er mir zwar immer 4 Schnitten, wie sie mir zustanden, auf den Teller legte, aber er teilte das Brot oft in 15 Zwölftel! In drei mal 4/12 hatten wir nach reiflicher Überlegung das Brot eingeteilt.)
Na, die Sache hat auf alle Fälle ihr Gutes, ich war immer satt, die letzte Woche, trotz der „Unterpflegung“, und jetzt kann ich nach Belieben mehr oder weniger essen.
Nun ade! 1000 hrzl. Grüße Euch allen Euer Euchl. Wolf.
[?]) Gestern habe ich meine Baumwoll.weste mit alten Briefschaften an Euch abgeschickt.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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