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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 17.04.1917 (3.2012.2822)

 

17. IV. 1917.


174.

Meine Lieben!
Heute sollt Ihr wieder mal einen Schreibebrief bekommen, den auch Mutti lesen kann. Denn jetzt kann sich Mutti nicht noch mit Stenographie-Lernen abgeben, wo der Haushalt die ganze Kraft seines Leiters erfordert. Gestern gings ein bißchen eilig, und Ihr müßt Euch nicht wundern, wenn meine Karten und Briefe aus diesen Tagen überhaupt bezgl. Stil, Inhalt u. Form sehr zerfahren sind. Wir hausen zu dritt im Unterstand an einem Tischchen von 4000qcm Größe, von dem nur 2 ¾ Seiten zugänglich sind, alle Augenblicke bekommen wir Besuch von Leuten, die nichts mit ihrer freien Zeit anzufangen wissen, unhöflich darf man auch nicht sein, so wird ein Tag oft recht inhaltslos und man legt sich wenig befriedigt zu Bett. Na, das Feldleben kann nicht so regelmäßig sein wie das Friedensstudium, ich bin auch durch den Urlaub recht verwöhnt. Aus diesen Zeilen müßt Ihr nun eigentlich schließen, ich sei recht niedergeschlagen, womöglich traurig, das ist aber ganz und garnicht der Fall. Gleich wie ich vom Urlaub zurückkam, sagten die Kameraden, „na, jetzt kommt wieder Leben in die Bude!“ und wir unterhalten uns auch sehr gut und lachen viel. Lt. Biermann[?] ist ein sehr netter Kamerad, hat etwa 1 ½ Jahre vor dem Krieg sein Abitur gemacht, ist dann zum Brauchfach[?] übergetreten, das ihm aber nicht sonderlich behagt, er möchte nun vielleicht Germanistik studieren. Wir haben uns verabredet, wir wollen jetzt zusammen Englisch u. Französisch zu treiben, er hat das Neubggymnasium besucht, ist mir in den neueren Sprachen daher voraus, ich kann ihn wieder in manchen anderen Dingen vergnügen[?], so lernen wir beide.
Heute haben wir zur Abwechslung wieder mal ein scheußliches Schneetreiben, alles ist tief weiß eingeschneit, vom Frühling ist noch nichts zu ahnen, obwohl ich gestern auf einer Bergwiese auch ein Himmelsschlüsselchen und am Bach eine Sumpfdotterblume fand. Während des heftigsten Schneetreibens scheint ab und zu die Sonne dazwischen, ein richtiges Aprilwetter in unsere etwas kälteren Verhältnissen übertragen.
Ich habe heute mit Herrn Hptm. v. Diepow gesprochen, Nahkampfmitteloffizier bin ich nun nicht mehr, weil ich zu viel abkommandiert bin. Solange ich beim Bataillon bin, tue ich bei der 3. Komp. Dienste, im übrigen vertrete ich den Batl.u. Regimentsadjutanten je nach Bedarf. Alle Augenblicke wird letzterer ja zu irgend einem Kursus oder sonstwohin abkommandiert, so bin ich denn Mädchen für alles im Bataillon u. Regiment. Lieber wäre mir es ja, ich hätte eine gesicherte Stellung, aber mein jetziges Leben entbehrt nicht einer gewissen Romantik, die, falls der Krieg nicht zu lange dauert, nicht übel ist.
1000 herzliche Grüße Euer Euchliebender Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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