Brécy sur Aisne, 4. 2. 1915.

№ 23.
Meine Lieben!
Gestern ging keine Nachricht an Euch ab, da ich erst um ½ 1 zum Mittagessen kam, und gleich darauf das Feldpostwägelchen einsam vorbeifuhr. Wir haben nämlich gestern ein feinen 3 stündigen Ritt bis kurz hinter die Feuerlinie gemacht. Wir sehen natürlich sehr viel interessantes, begrabene Pferde, von denen noch Rippen Vieren oder Hufe aus der Erde schauten, verlassene Schützengräben, Fesselballon in Tätigkeit, schwere Munitionskolonne, die auf die leichte zur Munitionsabgabe wartete, Fliegerstation, Waldarbeiter und noch vieles mehr, das Krachen der Geschütze hörte man als ganz anders, als zu Haus. Überhaupt, fein war\'s, das kann ich Euch sagen! Ich träume jetzt immer die ganze Nacht von Munition und Artilleriestellung und Beschießung und lauter solchen Sachen. Wir haben wieder prächtiges Wetter, leichten Frost u. blauen Himmel. Den ganzen Tag über sind Flieger in der Luft zu sehen, heute sahen wir wieder, wie einer beschossen wurde, es tauchen da am Himmel ganz plötzlich kleine weiße scharfumgrenzte Wölckchen auf, die von der Explosion des Schrapnells herrühren. In unserem Ort ist jetzt in einer Scheune ein großes Lazarett eingerichtet. Wir haben jetzt sehr viel Verwundete im Dorf, meist […] der Feuerlinie vor uns. Gestern Abend erhielt ich Euer liebes Päckchen Nr 32 mit Messer und […]. Vielen Dank dafür. Besonders über das Messerchen habe ich mich sehr gefreut, ich habe es sehr entbehrt!- Daß meine Tasche einen so würdigen Finder gefunden hat, hat mich sehr erfreut! - Mein Befinden ist nach wie vor ausgezeichnet. Ich bin immer bester Laune (- an der fehlt\'s bei mir überhaupt kaum jemals-) habe ungeheuren Appetit, schlafe wie ein Ratz, kurzum, ich wünsch Euch, daß es Euch allen auch so gut geht. Nun lebt aber wohl. Viele 1000 Grüße Euch Allen Euer Euchliebender Wolf.