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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seinen Großvater 25.06.1918 (3.2012.2822)

 

Juni! 25. 6. 1918.




Mein lieber Großvater!
Zu Deinem heutigen Geburtstage nimm meine allerinnigsten Glück- und Segenswünsche. Vor allem schenke Dir der Himmel weiter eine dauernde Gesundheit, die Dich befähigt, noch recht viele der kommenden Friedensjahre im Kreise Deiner Lieben verbringen zu können und die Früchte dieses Krieges zu genießen. Ich zweifle nicht daran, daß es nun endlich bald zum siegreichen Ende kommen wird. Alle Völker harren mit Sehnsucht kommender friedlicher Zeiten, dies Leben unter dem ewigen Bann, den keiner zuerst zu sprengen wagt, indem er einfach erklärt, ich mache jetzt Schluß mit dem Morden, niemand möchte es mehr allzulange ertragen. Bei uns geht heute das Gerücht, im Reichstag sei öffentlich eine Verkündung an das Ausland worden wonach wir uns erneut für jederzeit bereit erklären, Frieden zu schließen, unter nicht zu ungünstigen Bedingungen. Wir sind sehr gespannt auf den ersten amtlichen Bericht.
Ich bitte Dich herzlichst um Verzeihung, daß ich Dir erst am Tage Deines Geburtstages meine Wünsche übermittle, anstatt mich rechtzeitig damit am Geburtstagstisch einzufinden. Ich war in der letzten Woche gerade wieder einmal sehr beschäftigt; weniger geistige Arbeit gab es zu leisten, als körperliche, indem ich meist Vor- und Nachmittags unterwegs war, um Gelände und Wege zu erkunden, Kurven zu berichtigen, Maschinengewehrstände im rückwärtigen Gelände auszusuchen und vieles andere. Zu Hause galt es dann, davon einiges schriftlich niederzulegen, die Karte zu Rat zu ziehen, Vorschriften zu lesen, Unterricht abzuhalten und dergl. - Zudem war ich in den letzten Tagen beschäftigt durch Erwägungen eines bedeutsamen militärischen Wechsels meines bisherigen Stellung. Ich werde wahrscheinlich meine Kompagnie wieder los, da mich mein Bataillonskommandeur als Adjutant haben will. Ich hatte die Wahl, beim Regimentsstabe Ordonnanzoffizier zu werden oder beim Bataillon Adjutant. Aus mannigfachen Erwägungen, die ich Euch im Einzelnen nicht schreiben kann, da sie auf Euch unbekannten Voraussetzungen militärischer Art beruhen, entschloß ich mich nach manchen Zweifeln zur Übernahme der Adjutantenstelle, und allmählich bekomme ich immer mehr das Bewußtsein, daß ich so wohl besser gewählt habe. Zum mindesten bin ich als Adjutant weitaus selbständiger und habe viel größeren Einfluß nach allen Richtungen, als ich ihn je beim Regimentsstab erlangen könnte selbst wenn der Adjutant des Regiments nicht so Herrenmensch wäre, wie es unser jetziger ist. Die Umänderung vollzieht sich vielleicht schon in den nächsten Tagen. Ich erkundigte mich vorher, ob denn gerade ich Adjutant sein müßte, da hieß es, der Hauptmann wolle nur mich haben. So bin ich wenigsten sicher, daß ich bei meinem Kommandeur eine gute Stellung haben werde. Die Brigade, bei der ich im vorigen Jahr Ordonnanzoffizier war und zu der wir jetzt wieder gehören, wollte
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mich auch schon wieder haben, nachdem wir kaum erst hier angekommen waren. Ja, man hat es nicht leicht, wenn sich so viele Leute um einen reißen - - -
Wir haben hier ein Leben, wie man es in der Sommerfrische nicht schöner haben kann. Die gelegentlichen Artillerieschüsse des Feindes sind so selten, daß man sie sich ohne weiteres wegdenken kann. Wir sind schon ziemlich an den Fronten herumgekommen, aber eine solche wie die jetzige haben wir doch noch nicht gesehen. Die Stellungen vorne, in denen unsere Kompagnien liegen, sind seit Urzeiten nicht mehr beschossen worden. Gleich hinter der Stellung ist ein reizendes Dörfchen mit vollkommen erhaltenen Häusern, in denen die Zivilleute wohnen und leben, als sei gar kein Krieg. Die Leute bestellen ihre Äcker angesichts der feindlichen Stellungen, pflanzen in ihren Gärten, in denen ihnen die Franzosen jeden Kohlkopf zählen können, und werden nie durch den Feind gestört. Der Franzmann hütet sich, seine Landsleute unnötig ins Unglück zu bringen. Deutsche Soldaten dürfen sich natürlich nicht so frei bewegen, genießen dafür die Wohltat des Nie-beschossenwerdens. Das Dörfchen ist zum letzten Male im Jahre 1916 beschossen worden, am Dorfeingang und am Brunnenplatz sieht man noch ein paar Häuserruinen. - nicht weit von hier ist das Städtchen Senones, am Fuß der Berge gelegen, über die sich die Deutschen und feindlichen Schützengräben ziehen. Sonntags ziehen hier die Frauen und Mädchen in weißen Kleidern zur Kirche, stehen Abends schwatzend am Brunnen, bestellen Äcker und Gärten und stehen in langen Reihen vor den Lebensmittelläden, als ob sie wer weiß wie weit im Inland wohnten. - Eine herrliche Gegend ist das hier. Gar oft schon wurde ich an unsere wunderschöne Fichtelgebirgswanderung erinnert, die wir vorgestern vor 4 Jahren /
[Brief nicht fertig geschrieben]

 

 



Ansicht des Briefes

 

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