Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Klaus Becker an seine Ehefrau am 13.02.1941 (3.2002.0224)

 

Stellung, den 13.2.41.



Liebe Suse!

Immer noch laufen Deine Briefe u. Karten mir derselben Anschrift ein. Hoffentlich ist inzwischen mein Brief vom Sonntag bei Dir eingetroffen. Also nochmals: nicht "Kanonier", sondern "Soldat" Klaus Becker. Deine Karte vom 10.2.41 erreichte mich heute. Hoffentlich stellen sich die Erkrankungen von Mutter u. Lisa nicht als so gefährlich heraus, wie es nach Deiner Karte den Anschein hat. Bei der bekannten Gabe Deines Vaters, alles möglichst schwarz zu sehen, glaube ich, dass es wohl doch nicht so schlimm sein wird. Wünsche aber Mutter und Lisa von mir gute Besserung! Von dem Gedanken, Dich während eines Sonntagsurlaubs nach Hannover kommen zu lassen, bin ich auf Grund der Ereignisse in dieser Woche abgekommen. Hannover hatte wohl am Montag den schwersten Angriff seit Ausbruch des Krieges zu bestehen. Die Zahl der Toten u. Verletzten ist beträchtlich. Auch der Sachschaden ist nicht unerheblich, wenn auch wehrwirtschaftlicher oder [...] Schaden nicht angerichtet worden ist und der Schaden aufs Ganze gesehen nicht erheblich sein mag. Unsere Batterie hat fast ununterbrochen von 9 ¼ Uhr abends bis zum anderen Morgen 4 Uhr geschossen. Du kannst Dir das Getöse hier daher wohl vorstellen. Andere Batterien haben noch mehr geschossen. Um ganz Hannover blitzten die grellen Lichtscheine der Batterien auf. Auch in unsere Stellung sind mehrere Brandbomben geworfen. Schaden haben sie Gottseidank nicht angerichtet. Die uns zugedachten Sprengbomben - es mag auch sein, dass sie infolge der Beschießung abgeworfen sind - sind ins Moor gefallen. Am unangenehmsten machten sich die 3,7 cm-Geschosse einer Nachbarbatterie bemerkbar, die sich zu spät nämlich nach dem Aufprall auf den Erdboden zerlegen. Jedenfalls soll es ein recht unangenehmes Gefühl sein, wenn die Dinger auf den Straßen, Wegen u. Häusern aufschlagen, etwa ½ Meter zurückspringen u. dann explodieren. Ich selber habe das nicht miterlebt. Ich ging nämlich gegen 12 Uhr ins Bett. Von Schlafen konnte natürlich keine Rede sein. Aber das Sausen der Brandbomben u. der Zerknall der 3,7 cm-Geschosse hört sich von drinnen immerhin schon harmloser an, selbst wenn ein derartiges Geschoss auf das Dach der eigenen Baracke fällt, wie es bei uns auch häufiger der Fall war. Am Dienstag Abend war der Tommy wieder etwas nach 9 Uhr da. Wir haben aber nur wenige Male geschossen. Er kam dann nicht wieder, und seit ½ 12 Uhr war die Feuerbereitschaft aufgehoben. Gestern Nacht war es ruhig und auch heute Abend wird es wohl ruhig bleiben; denn die Luft ist für Einflüge ungeeignet. Bisher habe ich als Funker mit dem Schießen nichts zu tun gehabt. Ich war lediglich Zuschauer. In nächster Zeit werde ich aber wohl dem Feuerlöschkommando zugeteilt. Das ist eine etwas unangenehme Sache. Wir müssen dann natürlich ebenso wie die Bedienungsmannschaften unseren Posten u. zwar mit Feuerlöschgerät beziehen. Dann will ich natürlich lieber am Gerät oder Geschütz mitarbeiten. Danach aber geht es ja nicht. Bisher haben sie die Funker, die ja von 6 Uhr abends frei sind, noch übersehen. Aber allzu lange wird dieser Zustand nicht mehr dauern. Ich sehe mich jedenfalls schon, mit einem Stahlhelm bewehrt, in Batteriemitte Posten beziehen auf Ausschau nach der nächsten Brandbombe.
Hier in Altwarmbüchen müsstest Du eine solche Nacht miterleben. Die Bevölkerung hier geht nicht in den Keller. Die wenigsten haben sicher einen geeigneten Keller. Es ist ein schaurig schönes Schauspiel.
Schreibe mir bald, wie es Mutter und Lisa geht, und grüße alle!

Dein Klaus

 

top