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Brief (Transkript)

Ludwig Kerstiens an seine Großmutter und Tante am 4.5.1944 (3.2002.0822)

 

O.U. 4.5.44



Liebe Großmutter und Tante Lies,

Nun bin ich schon mehrere Tage wieder in Eurem Frieden. So schön, malerisch, ruhig wie hier ist es! Wir konnten uns erst garnicht hereinfinden. Wir standen vor der vielfältigen Natur des Dnjestrtales als Fremde und bestaunten sie, doch wir konnten noch nicht wieder in ihr leben. Uns saß die Unruhe des Kampfes noch in allen Gliedern. Doch jetzt haben wir uns schon wieder in diese neue Welt gefunden. Wir wundern uns nicht mehr über weidendes Vieh und arbeitende Bauern; wir genießen diese Friedensbilder jetzt aus vollen Zügen; und dazu strahlt die Frühlingssonne.
Von unsern Kameraden fehlen viele; davon sind die meisten aber im Einsatz und im Urlaub. Doch wir haben auch Verwundete und Tote gehabt. Der Kampf hat schwere Opfer gefordert, - auch von denen, die durchgekommen sind. Jetzt hört man erst, wie es all den anderen ergangen ist. Ich habe es doch wohl am besten gehabt, wenn auch viele garnicht im Einsatz und immer 20 km hinter der Front waren. Es ist ganz eigenartig, wie oft wir aus diesen Tagen immer wieder von neuem erzählen, obwohl wir uns am liebsten garnicht an sie erinnerten. Es ist auch kein richtiges Erinnern, wir leben wirklich diese Stunden x mal durch. Doch ein mal werden auch sie Vergangenheit werden, wenn wir sie auch nicht vergessen können
Dir, lieb Großmutter, noch einen besonderen Glückwunsch zum Geburtstag. Dieses Primelchen soll an meiner Stelle sprechen.
Herzlichen Gruß Euer Ludwig

 

 



Ansicht des Briefes

 

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