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Brief (Transkript)

Ludwig Kerstiens an seine Mutter am 8.3.1943 (3.2002.0822)

 

8.3.43



Liebe Mutter.

Heute schicke ich Dir einen besonderen Gruß. Hoffentlich macht er Euch Freude. Gestern kam Dein Brief über Liesels Klage. Ich hoffe, daß der Brief an sie inzwischen angekommen ist. – Die Tasche kann garnicht zu groß sein. Wir brauchen sie ja nicht zu tragen. Sie soll so einen zusammenlegbaren Koffer ersetzen.
Über den Dienst kann ich verständlicher Weise nicht Näheres schreiben. Er ist auf jeden Fall nicht zu anstrengend. Freizeit, aber richtige, ist ab 6, mittwochs und samstags ab 4 und sonntags ab 11 Uhr. An jedem freien Nachmittag machen wir bei diesem herrlichen Vorfrühling – bis mittags friert es noch meist – natürlich einen Spaziergang. Mit den Leuten kommen wir aber überhaupt nicht zusammen. Die Sprache ist schwer – für uns garnicht zu verstehen, leicht zu lesen. Man merkt ihr den germanischen Stamm in allem an.
Die „Stadt“ in der Nähe ist gerade soweit, daß sie sich ein „Café“, ein Kino und einige Läden, vor allem aber einen Bahnhof leisten kann. Was soll einen dahinziehen, wenn die Läden noch zu sind? Es sei denn die Unmasse der Huren, die sehr erpicht auf ein paar Zigaretten sind. Man wird von ihnen auf offener Straße darum angehauen. In dieser Hinsicht sieht es hier für unser Gefühl katastrophal aus. Bis auf diese engen Beziehungen ist uns die Bevölkerung 100 % feindlich gesinnt, allerdings für Rauchwaren und Schnaps sind sie sofort die besten Freunde.
Bis wir einmal wieder Feldgottesdienst haben, wird noch einige Zeit dauern. Der Geistliche sagte, er könne höchstens alle 3 Monate kommen.
Nun ist es doch wieder ein ganzer Brief geworden. Es sollte nur ein kurzer Begleitgruß sein. Allen herzliche Grüße und alles Gute, wenig Alarm!

Ludwig

Kannst du noch 2 Putzlappen und einen Glanzlappen für Ludwiglein schicken?

 

 



Ansicht des Briefes

 

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