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Brief (Transkript)

Gerhard Kunde an seine Mutter am 16.04.1944 (3.2002.0864)

 

O.U., den 16.4. 44.



Liebe Mutter !

Heute sage ich Dir recht herzlichen Dank für Deinen Brief vom 11. 4. Ich habe mich wirklich über ihn gefreut, denn er war so erstaunlich verträglich gestimmt. (Oder ist das eher [?] ein Zeichen dafür, daß es Dir gesundheitlich sehr schlecht geht?) Wir beide sind so impulsiv, daß wir uns aus einem kleinen Anlaß furchtbar erregen können. Nach einiger Zeit fragen wir uns dann selbst wohl, warum hast Du damals eigentlich solch Theater gemacht. Ähnlich ging es mir jetzt hier auch. Ich hatte mich über eine blödsinnig hohe Bekleidungsanforderung einer Komp. so aufgeregt, daß ich einen geharnischten Befehl los lies mit dem Erfolg, daß sich 2 Kp.Chefs beschweren wollten und schon den Adjutanten als Vermittler in Anspruch nahmen. Einer überlegte sich die Sache noch rechtzeitig, der andere beschwerte sich tatsächlich – er ist übrigens wie mein alter Freund Metter [?] vom Stamm „Rühr-mich-nicht-an“ aus dem badener Ländle – und hat vom Kommandeur furchtbar eins auf den Hut bekommen, nachdem dieser sich bei der Div. vorher erkundigt hatte, was er in einem solchen Fall zu tun hätte. Also keine nachträgliche Aufregung, die Sache ist für mich glänzend verlaufen. Nur habe ich mir nachher auch gesagt, war das eigentlich die Aufregung wert? Wir müssen eben lernen, uns dies vorher zu überlegen. Ich glaube, bei mir klappt es noch, Du wirst wohl schon ein wenig alt dazu sein oder bist noch nicht alt genug dazu. – Ich habe mich in letzter Zeit auch bisweilen [...], daß Doroth. seltener als sonst geschrieben hat. Aber ich habe mich in ihre Lage zu versetzten gesucht, daß sie ständig im Dienst Vertretung und häufig Schichtdienst dazu zu machen hat, daß Ihr alle Nase lang den nervenraubenden Fliegeralarmen ausgesetzt seid und schließlich ihre Mutter an der sie nun einmal sehr hängt, im Krankenhaus liegt, und habe nur ganz leicht angedeutet, was ich denke, wenn ich ihr schrieb. Hätte ich sie gleich angebrüllt, hätte sie entsprechend geantwortet und eine Entfremdung wäre unvermeidlich gewesen, während wieder alles im alten Gleise läuft, was mir beweist, daß ich richtig gedacht und gehandelt habe. Oder bezeichnest Du das auch wieder als läppisch? –
Du mußt es Dir schon gefallen lassen, daß Dorth. Dir etwas schickt. Sie gehört nun einmal zu den Menschen, die eine ausgesprochene Freude am Schenken haben, Mir geht es nicht viel anders. Was meinst Du, wie ich mich freue, daß Dir der Stoff gefällt! Und Dorth. das Seidentuch! Sie hat die Butter eigenartigerweise auch noch nicht bekommen. Ich weiß nicht, was Du immer für eine Geheimniskrämerei aufziehen willst. So etwas gibt es bei mir nicht. Durch ein unbedachtes Wort kommt so etwas doch einmal ans Tageslicht und dann ist es erst recht unangenehm. Also wird nur mit offenen Karten gespielt! – Vermiese doch Dorth. nicht ihre Wunschträume. Sie ist vernünftig genug, um darüber die Wirklichkeit nicht zu vergessen.
Alles Gute und recht liebe Grüße
Dein Gerhard

Oberstabsintendant konnte bisher nur ein Akademiker werden, jetzt soll jeder Zahlmeister Generalintendant ohne Studium werden können, wie ja auch jeder Leutnant General werden kann.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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