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Brief (Transkript)

Gerhard Kunde an seine Mutter am 08.05.1943 (3.2002.0864)

 

O.U., den 8. Mai 1943.



Liebe Mutter!

Endlich ist sie da, die so lange erwartete Post aus der Heimat! Für Deine Briefe vom 27. u. 29.4. sage ich Dir herzlichen Dank und brauche wohl kaum besonders zu betonen, wie sehr ich mich über sie gefreut habe.
Was Du über die hiesigen Verhältnisse wissen willst, habe ich Dir glaube ich, inzwischen so ziemlich alles geschrieben. Soweit ich unterrichtet bin, bleibe ich hier beim Dinntru. [?] Da das Ostbtl. nicht zur Div. gehört, dieser nur wirtschaftl. unterstellt ist, kann ich der Div. [...] nicht meine Versetzung hierher und die der anderen Herren dorthin aussprechen [?], das muß, wenn ich mich nicht irre, die Armee machen. Im übrigen bin ich absolut nicht so wild darauf, zu diesem Haufen zu kommen, zumal er in der schönsten Partisanengegend liegt. Da ist es hier weiter vorn entschieden angenehmer, wenn bei diesem Verein auch nicht alles nach meinem Geschmack ist und ich noch jemand vor mir habe, der sogar jünger ist als ich. Aber ich bin schließlich lange genug Soldat, um zu wissen, daß das bei Preußens nichts besonderes ist. Im übrigen habe ich mich mit meinen Mitarbeitern schon abgefunden. Der Obfw. [?] Siegener ist, obwohl er offenbar bis Sekunda gegangen ist, ein ausgesprochener Hohlkopf, dessen Unterhaltungsstoff über seine Afrikaerlebnisse und Schweinereien nicht hinaus geht. Ich muß ihn eben hinnehmen, ohne ihn merken zu lassen, was ich von ihm halte. Dagegen ist der Uffz. Schulz ein wirklich netter Kerl. Er ist 24 Jahre alt, hat ein humanistisches Gymnasium in Stettin, seiner Heimatstadt, besucht und angefangen Philologie zu studieren. Er ist, soweit ich das bisher beurteilen kann, ein offener, ehrlicher Charakter, und man kann sich vor allem mit ihm auch einmal über etwas geistige Dinge unterhalten. –
Ganz besonders gefreut habe ich mich natürlich über das so überaus nette Verhältnis, in der Du zu Dorothee getreten bist. Ich habe auch schon 2 Briefe von ihr bekommen und kann Dich zu meiner großen Genugtuung beruhigen, ich habe an ihnen nichts auszusetzen. Ja, ich möchte im Gegenteil behaupten, solche Briefe noch von keinem Mädchen bekommen zu haben. Abgesehen von der tadellosen Form, beherrscht sie einen beweglichen, ja geschickten Stil und weiß ihre Empfindungen in starke und doch zarte Worte zu kleiden. Kurz, es macht eine helle Freude, diese Briefe zu lesen. Ich finde es rührend, wie sie mir wieder versichert, daß ich mir um Dich keine Sorgen zu machen brauche, sie werde alles tun, daß Du das Gefühl hast, Du habest Menschen in der Nähe, die Dich mögen, daß Du nicht allein und verlassen bist. – Ein wenig ängstlich ist mir ob soviel Glücks offen gesagt auch, aber muß sich eben auch an solchen Zustand gewöhnen. Gebe es der Himmel, daß alles so bleibt und nicht von unerwarteter Seite her ein Hindernis auftaucht. –
Wegen der 30,- Rm bin ich im Bilde. Das Buch will ich natürlich haben. Warum es Dir nicht gefällt, kann ich Dir vielleicht später sagen. Schicke mir doch bitte die beiden Kartenspiele mit. Sonst brauche ich im Augenblick nichts.
Alles Gute dann und recht herzliche Grüße
Dein Gerhard

 

 



Ansicht des Briefes

 

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