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Brief (Transkript)

Gerhard Kunde an seine Mutter am 20.05.1943 (3.2002.0864)

 

O.U., den 20.5. 43.



Liebe Mutter!

Deinen Brief vom 11.5. hab ich erhalten recht vielen Dank. Ich kann mir schon denken, daß ich Euch mit der Post im Anfang verwöhnt habe, konnte ich doch die meisten Briefe Urlaubern oder sonst. Deutschlandfahrern mitgeben. Das geht auch jetzt noch etwa jede Woche einmal, aber zwischendurch müsst Ihr Euch schon gedulden. Ich muß ja immer noch länger auf Nachricht von Euch warten, denn hierher ist die Post 8 – 10 Tage unterwegs.
Wegen der Luftkämpfe im Raum von O. habt Ihr Euch wieder einmal umsonst Sorge gemacht, denn wir haben davon gar nichts gemerkt, da wir ja etwas 80 km nordwestlich davon liegen. Ich sehe schon, da0 Du mit Deiner ewigen Ängstlichkeit auch Dorth, noch ansteckst. –
Ich freue mich, daß Du wieder einmal im Kino warst. Der Film, den Du gesehen hast, ist übrigens nicht alt, sondern erst Anfang des Jahres uraufgeführt worden. Versäume ja nicht den „Münchhausen“. Hier gab es, solange ich da bin, einmal eine Filmvorführung. Ich war aber nicht da, weil ich das Stück schon kannte. Das nächste Mal werde ich aber bestimmt gehen. Ich habe doch nun einmal einen ausgesprochene Schwäche für die flimmernde Leinwand.
Das mit dem Plätzchen schicken schlage Dir nur aus dem Kopf. Wo ich jetzt erst richtig weiß, wie herzlich wenig Fett, Eier und Mehl Du hast, würden mir die Dinger garnicht schmecken. Ich lebe hier dagegen wie die Made im Speck. Heute Abend z.B. gab es Bratkartoffeln (in Butter gebacken), Quark – natürlich von Vollmilch – und saure Gurke. Dazu hatten wir Bohnenkaffee. Ich kann Dir übrigens Kaffee schicken, da wir den hier immer noch empfangen. Nachmittags gab es übrigens eine unerhört Milchnudelsuppe. Wie Du siehst, eine richtige Mastkost. Ölsardinen habe ich gegessen, ohne Beschwerden danach zu habe3n. Mein Appetit ist überhaupt immer recht gut. Wir essen 4 x am Tage: Um 8 h, 12 h, 16 h, und 20 h. Dabei vertilge ich mindestens 9 Schnitten. Heute war übrigens große Freude bei uns: Gleich 2 Kaninchen haben geworfen, zusammen nicht weniger als 15 Stück. Eine unserer Hennen macht auch schon Anstalten, als ob sie glucken wollte. Also auch da sind Möglichkeiten zur Vergrößerung unseres Viehbestandes gegeben.
Gestern bin ich einmal den ganzen Tag unterwegs gewesen. Der Oberarzt musste seine Besuchsfahrt bei den ihm zugeteilten Einheiten machen u. da bin ich mitgefahren und habe bei dieser Gelegenheit bei 6 Kolonnen die vorgeschriebenen Kassenprüfungen gemacht. Auf diese Weise habe ich die letzten Einheitsführer kennengelernt und auch die Unterkünfte der Kolonne. Manche liegen ganz wundervoll. Die in Dörfern untergebracht sind, haben natürlich die Möglichkeit bei der Zivilbevölkerung Eier und Milch zu erwerben. Auf diese Weise sind wir auch zu dem Quark gekommen. Das ist selbstverständlich Grund genug, um die freundschaftlichen Beziehungen zu diesen Kolonnen besonders zu pflegen und ihnen bei passender Gelegenheit auch etwas entgegenzukommen. – Alles Gute dann und recht herzliche Grüße
Dein Gerhard

Einen Teelöffel kannst Du mir bei Gelegenheit mitschicken

 

 



Ansicht des Briefes

 

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