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Brief (Transkript)

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 01.07.1917 (3.2009.0497)

 

1. Juli 17.



Meine Lieben!
Herzlichen Dank für Euren lb. Brief vom 26.6. Es wundert mich, daß Ihr solange von mir nichts erhaltet. Habe Euch inzwischen doch schon wieder 1 oder 2 mal geschrieben. Wo wir noch in Ruhe waren schickte ich auch 1 großes Paket mit 2 Hemden, 2 Unterhosen u. 9 Stück Seife à 1.05 M ab.
Vor zwei Tagen gingen 2 kleine Paketchen mit Büchern u. Karten ab. Hoffentlich erhaltet Ihr alles bald!
Mir geht es gut, auch im Argonnerwald. Bin zur Zeit in Stellung schon 3 Tage. Heute fährt Ltn. Mühlhäuser, Kompaniechef, 3 Wochen in Urlaub und bin ich für diese Zeit I.V. Komp. Führer.
Die Stellung ist sehr ruhig, abgesehen von hin u. wieder schweren Minen, doch ist und wird hier sehr viel unterminiert u. häufig gesprengt. Das Gute aber ist, daß man rechtzeitig gewarnt wird. Bei uns ist jedoch vorläufig nichts zu befürchten. Außerdem hat die Stellung noch manches Unschöne, so z.B. daß das Gelände von früheren Kämpfen her vollständig umgewühlt ist und ein wüstes Trichterfeld darstellt, wo nichts mehr wächst und grünt, nur jämmerliche Baumstümpfe und Würzeln zeugen von verschwundener Waldesherrlichkeit. Aber all dies ist nur eine traurige Lichtung ein einziger, langgezogener Hügelrücken in dem mächtig ausgedehnten Argonnenwald.
Weit und breit ist hier keine Ortschaft, überallhin verschließen dicht bewaldete Höhen den Ausblick an deren Hängen terrassenförmig und eng angeschmiegt die uns wohlbekannten Lager sich hinziehen. Alles gibt es hier: Materialdepots, Bahnhöfe der emsigen Förderbahn (Kleinbahn wie bei St. Mihiel), mit allen möglichen Namen, elektrische Licht- u. Kraftzentralen, Badeanstalten, Kantinen, Kanzleien Soldatenheime und sogar Feldbüchereien. Doch in vorderer Linie hat man davon wenig, dafür tiefe aber ganz feuchte meist unbenutzbare Unterstände, so daß viele von den Leuten frei im Graben unter Zelten oder in kümmerlichen Freilichtbuden hausen. Der Boden ist nämlich, obwohl wir auf dem Höhenrücken sind sehr naß, weil oben lauter Lehm und darunter Fels ist. Das Wasser läuft nicht ab und Gewitter halten sich hier stundenlang. Zum Glück haben wir bis jetzt fast durchwegs schön u. heißes Wetter gehabt, bei Regenwetter ist hier aber derselbe Sumpf und Kot wie bei Vimy. Mein Unterstand ist noch ganz annehmbar, ich liege wenigstens trocken. Ein Sommerhäuschen habe ich auch noch, dazu mit wasserdichtem Blechdach. Es ist also gar nicht so übel. Im Unterstand wird das Wasser teils ausgepumpt, teils säuberlich aufgefangen und man hat so das beste Wasch- und Kochwasser. Die Küche ist im Tal, kaum 1/3 Stunde entfernt und so bin ich also bis jetzt ganz zufrieden und gern heraußen, besonders wenn ich meine liebe bayerische Ruhe habe.
Und wie geht es Euch, laßt Euch nur nicht alles vor der Nase wegkaufen! Seid recht brav und schreibt mir recht oft, werdet nicht krank und nicht schwermütig; grüßt mir alle lb. Bekannten!
Herzl. Gruß Euch Allen und auf frohes Wiedersehen
Euer Karl.
Habe heute auch Scheppach getroffen,
Gruß von ihm.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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