Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 27.05.1916 (3.2009.0497)

 

27. Mai 16.



Liebste Eltern und Schwestern!

Herzlichen Dank für Euer Paket 56 und 57.
Bin nicht eher zum Schreiben gekommen. Unsere Hoffnungen haben uns betrogen. Wir sind schon dahin gekommen, wo man schon vom Hörensagen erschrickt. Das hat uns aber nichts gemacht, wir sind mit gutem Humor und Willen drangegangen. Aber inzwischen sieht es bereits anders aus. Es lässt sich nicht beschreiben. Ich habe noch nie so etwas erlebt. Der schlimme Winter, wo wir auf den Vimy Höhen lagen, ist nichts dagegen.
Wir sind hier gleich am 1. Tag (23.5.) eingesetzt worden, haben gestürmt und Gefangene gemacht. Es ist sogar gut gegangen, aber inzwischen ist es 3 Tage her, gestern hat es den ganzen Tag geregnet, so daß wir ganz in Lehm und Leichen eingewickelt wurden und heute bin ich zurückgekommen, wo es auch kein Ausruhen gibt, nirgends ein Unterstand, überhaupt nichts was hergehört um noch tatsächlich leben zu können. Wie lange das so fort geht, weiß ich nicht. Sehr viele sind schon tot, noch mehr verwundet. Die anderen sind krank oder werden krank. Verpflegung muss man sich selber suchen, bei irgendeiner Küche, wo es gerade was gibt. Man bekommt dennoch genug, weil die meisten Leute doch nicht mehr da sind. Ich wünsche mir nur, daß ich noch einmal zu Euch heimkomme, wie es aber mit dem Urlaub aussieht, weiß ich nicht, aber es könnte doch sein. Da werde ich Euch dann alles erzählen und Ihr werdet Augen machen. So hätte auch ich mir den Krieg nicht gedacht, aber hier ist er mit seiner ganzen Grässlichkeit.
Herzlichen Gruß
Euer Karl.

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top