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Brief (Transkript)

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 04.05.1917 (3.2009.0497)

 

Den 4. Mai 17.



Meine Lieben!
Bin seit gestern Mittag glücklich bei meiner Kompagnie. Es ist alles flott vonstatteten gegangen, die ganze Fahrt. In Stuttgart war\'s noch recht gemütlich. Habt Ihr die Karte erhalten? Von Fritz habe ich die 30 M sofort erhalten. Er nimmt die Stiefel sogar sehr gern wieder zurück, da schon ein anderer Bekannter solche wünscht. In Conflans traf ich erst mit Bruno wieder zusammen. Wie wir in Vigneulles ankamen, war mein Koffer auch schon da; aber kein Fuhrwerk. So hätte ich also marschieren müssen. Auf dem Weg durch Vigneulles sahen wir jedoch Leute vom II/12 und so waren wir also schon am Ziel. Mit St. M. ist\'s also vorbei. Ich bekam gleich eine angenehme Aufgabe als Bahnbeauftragter; musste mich nach dem Transportzug erkundigen und für die Einladung des ganzen Bataillons, 2er Rg. des 20. Inf. und 2er Masch.G. Kp. v. 20. I.R. sorgen, im ganzen etwa 1500 Mann. Es ist alles gut gegangen. Am 4. 330 nachts fuhren wir weg. Am Nachmittag zuvor war\'s noch ganz lustig. Hab noch genügend Bier bekommen zu meinem Braten von daheim noch u. zu der Wurst. Auf der Fahrt hab ich fast ich nichts gegessen. In Stuttgart nicht von meinem Sach, da bekam ich Wurst noch ohne Marken. Meine Stimmung war die ganze Zeit gut und hab mich gleich wieder gut eingefunden.
Heute früh kamen wir in Conflans an u. marschierten noch ½ Std bis Labriy, wo wir einige Tage bleiben. Habe ganz nettes Quartier mit Herrn Ltn. Mühlhäuser zusammen, Bett, elektr. Licht, Schrank etc; nebenan gleich Zimmer für die Diener. Meine Habseligkeiten habe ich auch beisammen. (Scherlein fand ich nicht) Dienst war heut nicht, morgen wenig. Essen heute sehr gut. Mittag Schweinskotelettes, abends Schweinhaxe blau abgesotten, dazu noch meine Sachen, das reicht. Meinen Waffenrock habe ich heute Leutnant d. R. Zimmermann gegeben. Er ist auch hier. Kling Konrad wird morgen wahrscheinlich auch kommen, Krämer Ludwig ebenfalls, so trifft man sich. Bei uns ist\'s sehr heiß, ziemlich staubig, doch sonst sehr schön. Wo wir hinkommen ist unbekannt und auch schließlich einerlei.
Merkle ist es folgendermaßen ergangen. Er warf mit seinen Leuten zur Übung einige Handgranaten. Er entdeckte unter den Stielhandgranaten einige neuer Art, die uns noch nicht bekannt war. Diese Handgranate enthält im Stiel ein Gewicht, das beim Wurf herausfällt. und dadurch die Entzündung bewirkt. Eine solche Granate wollte Merkle probieren. Zur Vorsicht schickte er noch seine Leute weiter weg. Er war leider mit der Werfart nicht vertraut, glaubte, daß man den Stiel erst aufstoßen müsse und wie er dies ausführte, explodierte auch gleich die Granate und tötete ihn sofort, ein Splitter durchschnitt ihm die Kehle u. der ganze Kopf war übel zugerichtet. Geschehen ist es am 27.4. Andere wurden nicht verletzt.
Lege Euch heute noch eine Photogr. von mir bei in besserer Ausführung. Seid also heute mit mir zufrieden u. sorgt Euch nicht. Es geht mir gut. Morgen wenns geht werd ich 200 M abschicken.
Herzl. Gruß
Euer Karl.
Viele Grüße an Alle Bekannte!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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