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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 19.11.1941 (3.2009.1998)

 

19.11.41



Meine lieben Mäuschen!

Angeblich soll es heute schon wieder Post geben. Ich würde dies natürlich sehr begrüßen, denn die Post ist doch zur Zeit die einzige Verbindung zu Euch meine Schätzchen. Hoffentlich wird dies bald anders. Wir haben jetzt wieder ein Fenster im Bunker. Ist dies doch eine ganz andere Sache, als den ganzen Tag im Dunkeln zu sitzen. Ich feiere noch immer krank. So schnell heilt ja auch nichts. Jedenfalls kann ich mir es noch etwas bequem machen. Aber Sorgen um meine Gesundheit brauchst du dir nicht zu machen. Mit Gotteshilfe werde ich schon gesund zu dir zurückkehren. Die Hoffnung auf Ablösung haben wir ja alle noch. Hoffentlich werden wir nicht darum betrogen. Bekanntlich müssen ja auch Truppen hierbleiben. Es fragt sich nur ob die ankommenden Armeen genügend Flak dabei haben. Also hoffen wir weiter und das Beste. Die russische Luftwaffe ist immer noch sehr stark. Gestern und auch heute wurde von unserer Batterie wieder eine Abgeschossen. Ob wir die Maschinen auch zugesprochen bekommen ist etwas anderes. Es steht zu viel Flak hier herum. Eine Knallerei ist dies bei einem Angriff, daß man meint die Hölle sei los. So oft scheinen sie jetzt doch nicht mehr zu kommen. Aber schneidige Flieger sind die Russen auch. Noch kaum 20 m hoch fliegen sie über unsere Köpfe und schießen aus allen Rohren. Sie treffen jedoch genau so wenig wie wir auch. Ein Glück, sonst wäre es bös um uns bestellt. Hoffentlich geht der ganze Krieg bald zu Ende. Auf die Dauer wird es unerträglich. Wenn es nur wieder einmal Urlaub gäbe, daß man wenigstens eine kurze Zeit von dem Krieg und seinen Begleiterscheinungen nichts sähe. Zum Winterhilfswerk sammeln sie auch wieder bei uns. Sogar rückwirkend ab September. Nun Geld haben wir ja genug. Aber es wird dich auch wundern, daß sie sogar von den „kämpfenden Truppen“ die Batzen sammeln. Uns bewegt jedoch nur das Eine werden wir abgelöst oder nicht. Offen gesagt wäre es mir sehr lieb, wenn wir nach Südfrankreich kämen vorausgesetzt natürlich, daß wir nicht in die Nähe von Frankfurt kommen sollten. In Frankreich gibt es doch noch allerhand zu kaufen für Euch und Urlaub gibt’s dort genauso wie in Deutschland. Noch sind wir jedoch in Rußland. Es ist also jede Illusion verfrüht. Lassen wir uns überraschen. Wenn wir zurückkommen, dann werden wir wohl gerade an Weihnachten auf der Bahn liegen. So nun genug davon. Wie geht es Euch meine Schätzchen? Das ist meine ganze Sorge. Ich hoffe jedoch noch recht gut. Der liebe Gott wird Euch mir schon gesund erhalten. Zu Weihnachten wird es wohl wenig Geschenke in diesem Jahre geben. Ja, es ist Krieg und je länger er dauert desto weniger gibts zu kaufen. Voriges Jahr konnte ich Euch wenigstens von Frankreich aus etwas zukommen lassen, was jetzt auch weggefallen ist. Nun vielleicht wird es wieder. Ich würde den zwei kleinen Mäuschen gerne ein paar Rollschuhe bzw. Puppenwagen kaufen. Auch du bekommst deinen neuen Ring, den du dir gewünscht hast. Geld spielt zur Zeit keine Rolle. Bis es wieder für mich Wert hat, habe ich bestimmt keines mehr. Sind die 200,- schon angekommen? Auch mein EK? Ich hoffe es schwer, denn ich möchte meine Postabschrift wegwerfen. Natürlich tue ich das nicht eher, als bis ich von dir die Bestätigung habe. Die Allianz hat sicher noch nichts von sich hören lassen. Aber du erwähnst in deinen Briefen auch nie etwas davon. Es waren doch schon so viele B. wo sich Opa hätte erkundigen können. Von den anderen Zusammenkünften mit Pfeiffer will ich garnicht reden. Was lange währt, währt endlich gut. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie nachzahlen würden ab 1.2.40 Bald habe ich schon wieder zwei Berufsjahre mehr. Da merkt man auch, daß man älter wird. Wenn es auch im Augenblick egal ist, ob du ein paar Mark mehr bekommst aber wenn ich wieder da bin, ist so etwas ja auch von Bedeutung. Freilich hoffe ich später einen besseren Posten zu bekommen um mehr zu verdienen. Es ist jedoch noch weit bis dahin. Das Leben ist halt ein ewiger Kampf. Hier im Krieg ist es natürlich etwas anderes als im Frieden. Hier geht es um sein oder nichtsein, was in Friedenszeit doch nicht so schlimm ist. Hoffen wir, daß wir das große Ringen gesund überstehen. An das andere werden wir uns schon wieder gewöhnen. So, die Winterhilfe habe ich bezahlt. Ich war aber nicht so großzügig wie sonst. Nachträglich bezahle ich sowieso ungern. Nächstesmal gebe ich wieder eine Mark mehr. Dir zu Hause werden sie ja auch noch einige Groschen abnehmen. Neues gibt es nicht bei mir. Selten taugt auch das Neue etwas. Lt. Büchele soll in den nächsten Tagen zurückkommen. Ich wollte wir bekommen ihn wieder. Gläser Karl schimpft zur Zeit schwer. Unser Zugführer hat ihn schon deswegen zur Rede gestellt. Er sagte nämlich, unser Zugführer setzt sich mit dem A… ins Warme und wir können ja frieren. Ganz Unrecht hat er bestimmt nicht. Vielleicht glaubt er aus diese Art die 5. verlassen zu können. Bis jetzt war es ja tatsächlich immer so, wer sich unbeliebt gemacht hat kam weg. Es will aber auch keiner mehr bei der 5. bleiben. Unser Aller ist das halt schwer hoch. Selbst bei der letzten EK.-Verleihung hatte er es erwähnt. Zum Vergnügen sind wir ja nicht hier. Was machen deine Stoffe? Hast du dir das grüngestreifte schon säumen lassen. Nun ich kann ja bald wieder einmal auf Urlaub, da können wir ja die Kleiderfrage erledigen. Wenn ich wieder nach Frankreich komme verkaufst du deiner Tante das Pelzjäckchen. Du bekommst dann ein Neues von mir. Auch unsere Kleinen werden Kleidersorgen haben. Sind es doch auch Weiber. Natürlich goldige wie du auch. Im Stillen habe ich ja immer gehofft, hier in Rußland etwas pelzartiges zu schnappen. Bisher vergebens. Gottseidank wird es ja bei Euch nicht so sehr kalt, daß Ihr frieren müßt. Ich halte auf alle Fälle die Augen offen. Noch lieber und besser wäre es natürlich, ich käme bald zu Euch. Einmal wieder bei Euch sein ist mein ganzes Bestreben. Der liebe Gott wird uns schon wieder zusammenführen. Bleibt mir nur gesund und lieb, dann wird es schon wieder werden. Ob ab Morgen tatsächlich Postsperre ist? Ich hoffe es nicht. Das wäre für dich bestimmt sehr unangenehm. Vertrauen wir auf den lieben Gott, er wird es schon gut mit uns meinen. Viele viele Grüße und tausend Küsse
Euer lieber Papa.
Auf baldiges Wiedersehen!

 

 



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