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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 25.08.1941 (3.2009.1998)

 

Sonntag, den 24.8.41 / 25.8.41



Ich habe ja heute schon einen Brief geschrieben aber ich habe Zeit und nichts zu tun, weshalb ich mich mit Euch noch etwas beschäftigen will. Mein 1. Brief ist auch zum Teil nur richtig, wenigstens was mit dem Stellungswechsel zusammenhängt.
Also bleiben wir hier und sollten eigentlich gar nicht so weit vor. Erst wenn der Russe zurückweicht, geht die Infanterie nach und vielleicht auch der Stab. Jedenfalls liegt der Stab ca. 6 km hinter der Front und werden wir wohl kaum der Front näher kommen. Die russische Artillerie und auch Granatwerfer, letztere sind gefürchteter als die schweren Brocken, schießt ca. 1000 m vor uns auf den Bahndamm. Wir sind also nicht in direkter Gefahr, wenn es nicht noch kommt. Eben kommt die Post, die lese ich natürlich erst, bevor ich weiter schreibe. Weiter geschrieben habe ich nicht. Es war zu viel Post gewesen und da war es zum Schreiben zu dunkel. Also heute ist schon Montag der 25. Die Nacht ist ruhig verlaufen. Jedenfalls habe ich geschlafen und nichts vom Lärm der Front gehört. Unsere Stukas waren bis jetzt und es ist erst 12 Uhr, schon 3 mal da. Jetzt geht es hier mit Macht voran. Die Panzer sind auf der anderen Seite uns ein ganzes Stück näher gekommen. Wir können das an den Leuchtkugeln sehen. Jedenfalls wird noch in dieser Woche Welikije Luki genommen werden. Unser Infanterieregiment 451, hat schwere Verluste erlitten und wird nach der Einnahme des Kessels zurück nach Frankreich gezogen. Jedenfalls ist das Regiment ist nur noch 50 % stark. Wo wir hinkommen, das steht noch nicht fest, sicherlich weiter gen Moskau zu. Die Hauptsache ist jedoch wir bleiben gesund, da kann uns das alles nichts aus machen. Freilich haben es die Schreibstubenhengste schöner und angenehmer als ich aber was macht das schon aus. Für uns wird auch in dieser Beziehung wieder die Sonne scheinen. Wir wollen daher nicht neidisch sein auf diese Brüder. Jedenfalls habe ich mich über deine Briefe sehr gefreut. Der mit den 5 Seiten ist ja nahezu Rekord. So war es ja garnicht gemeint gewesen von mir. Trotzdem freue ich mich auf jede Zeile. Ist es doch auch das Einzige was ich zur Zeit von Dir habe. Der letzte Brief ist vom 16. Den ich habe. Also in 8 Tagen war er bei mir. Ich hoffe, daß Ihr 3 Kerlchen auch jetzt noch gesund seit, obwohl die Engländer wieder da waren. Wenn es nämlich im Wehrmachtsbericht heißt, daß sie in Südwestdeutschland waren, dann kann man mit Bestimmtheit auf Frankfurt tippen. Bei mir gibt es nichts Neues. Karl Vetter hat jetzt genug von Krieg. Gestern hat er ein Entlassungsgesuch geschrieben. Ob er damit Erfolg hat, steht noch nicht fest. Er hofft jedoch, wenigstens in eine Ersatzabteilung zu kommen. Ich wollte ich könnte auch ein diesbezügliches Gesuch einreichen, denn der Kram steht mir bis oben. Aber wie gesagt und das kann man nicht genug wiederholen, wir sind ja noch gesund und munter, was will da der Krieg schon heißen. Der liebe Gott beschützt uns schon weiter, also brauchen wir uns auch nicht besonders zu fürchten. Unser Kleiner am Geschütz, Kan. Dickenscheid, ist ein Rheinländer und natürlich auch katholisch. Er sagt immer, wir hatten einen guten Schutzengel. Übrigens bin ich und unser Gesch.-Führer die einzigen Protestanten. Natürlich hat das bei uns nichts zu sagen, denn du weißt ja wie bei denen meißt die Stimmung überhaupt ist. Wir wollen jedenfalls an unserem Glauben festhalten, auch in trüben Tagen. Ich bin ja auch der festen Überzeugung, daß uns der liebe Gott weiter so beschützt und uns gesund zusammen führt. Die Allianz hat mir wieder einmal geschrieben und hat Briefpapier und Rasierklingen geschickt. Beides sehr rare Artikel. Ich habe ja noch genug Klingen, trotzdem aus Solidaritätsgefühl heraus, rasiere ich mich auch nur noch zweimal wöchentlich. Es ist ja auch vollständig genug in dieser Gegend. Nun noch zu der Hausversteigerung in Zweibrücken. Also endlich ist es soweit und hat es eigentlich ganz schönes Geld gebracht. Überzeugt bin ich, daß es in ein bis zwei Jahren noch viel mehr gebracht hätte, da es ja nicht mehr Grenzgebiet ist. Aber wie es auch sei, das Kapitel scheint beendet zu sein. Wenn sie dir noch ein paar Mark im nächsten Jahr schicken freuen wir uns selbstverständlich aber wenn nicht nun dann haben wir nichts gewollt. Was will überhaupt Geld heißen im Kriege. Zur Zeit habe ich die Tasche voll davon und kann absolut nichts dafür bekommen. So ist man zwangsweise Sparer geworden.. Nun wir werden auch wieder wo hinkommen wo Gelegenheit zum Geldausgeben ist. Vielleicht wieder nach Frankreich, da lasse ich mir einen Anzug machen, wenn es geht. Bisher hat ja mein Geld immer nur für Euch 3 gereicht. Noch ist es ja nicht so weit und weiß ich ja auch noch lange nicht, ob wir den Winter in Frankreich, Deutschland oder auch Rußland verbringen müssen. Letzteres will ich ja auf keinen Fall hoffen aber ändern könnte ich es auch nicht. Dem Müller brauchst du nicht zu schreiben. Machen kann man da so wieso nichts und hat er bis jetzt ja auch kaum von uns Notiz genommen. Nun nochmals zur Allianz. Von meiner Abteilung sind wieder ein paar gefallen. Jung-Schäfer, wie du mir schon schreibst auch. Auf der anderen Seite hat Frl. Brönligann geheiratet. Also du siehst sie hat doch noch einen gefunden. Sie wird mir noch darüber selbst berichten, wie ich sie kenne. Aber da ist noch etwas von Auszahlung von nicht gehabtem Urlaub, der eingezogen die Rede. Ich hoffe, daß ich da auch wieder Geld bekomme. Das wäre ja fein, wenn für dich wieder so ca. 300.- RM ankämen, dazu noch monatlich 50.- mehr. Gebrauchen könnt Ihr es doch sicher. Wenn du natürlich etwas auf die hohe Kante legen kannst ist mir das auch sehr lieb. Du weißt doch daß ich mit dir und den kleinen Goldschätzchen irgendwo einen Musterbetrieb aufmachen will, wenn ich wieder da bin. Übrigens bist du noch gar nicht auf meine Ideen eingegangen? Warum nicht? Fürchtest du dich etwa vor dem Landleben! Aber da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wo ich dich hinführe gefällt es dir mein Schatz bestimmt. Keineswegs wirst du oder wir alle verbauern, das kommt absolut nicht in Frage. Das muß schon etwas Villen ähnliches sein, wenn es uns gefallen soll. Natürlich muß Stadtnähe vorhanden sein, denn wo sollst du denn dann das Samtkleid und den Pelzmantel anziehen. Leider ist es noch lange nicht so weit nun schon an so etwas zu denken, denn noch ist Krieg und muß ich mich erst hier durchkämpfen. Trotzdem wenn man was von Geld hört, kommen doch angenehme Zukunftsgedanken. Jetzt will ich erst mein Mittagessen einnehmen. Kartoffel und Gulasch. Unser Alter hat in der Küche Krach gemacht, seitdem gibt es etwas besseres zu Essen. Es war ja auch wirklich Zeit gewesen. Eben erfuhr ich, daß unser Uffz. Faller seinen Verletzungen erlegen ist. Die 4. Batterie hatte gestern sogar zwei Tode. Einen Volltreffer auf einen Bunker auf einen Bunker hatten sie gehabt. Also so ungefährlich ist es halt leider nicht aber trotzdem wurde ich schon mit Gotteshilfe heil hier herauskommen. Die Artillerie wird wahrscheinlich heute noch Stellungswechsel machen. Vielleicht müssen wir ein Stück mit. Hoffen wir das Beste, mehr kann man da nicht sagen. Allerdings gehören wir nicht zur Artillerie hier, das habe ich dir schon geschrieben. Erst wenn das Infanterieregiment 451 vorgeht ziehen wir hinterher. Nun der Kessel wird ja bald hier ausgehoben sein. Natürlich kommt da wieder eine neue Aufgabe. Es wird jedoch schon gehen. Allzu schwarz sehen darf man nicht mein kleiner Angsthase. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß du viel und oft weinst. Leider kann ich dir jedoch nicht die Tränen trocknen und anlügen über die hiesige Lage tue ich dich auch nicht. Es wird auch wieder anderst obwohl es zur Zeit [?] nicht gefährlicher ist, als bei dir zu hause. Freilich braucht der Russe nur ein klein wenig das Kanonenrohr zu verstellen, dann liegen wir im Feuer. Aber auch hier heißt es auf unseren Herrgott vertrauen. Froh bin ich natürlich, wenn der Rummel hier herum ist. Ich bin zweifellos nicht derjenige, der sich nach Heldentaten sehnt. Meine Gesundheit ist mir schon lieb zumal die Ordensverleihung auch noch ungerecht ist. Das siehst du schon daran, daß wir im Zug 3 Abschüsse haben wofür es 15 EK. gibt und 1 (Gläser) haben wir nur erhalten. Mir ist dies jedoch schnuppe. Gesund heimkommen ist wichtiger, als alles andere. Heute ist es wieder kühl hier, obwohl die Sonne scheint. Bald schwitzen bald frieren wir. Letztens ist jetzt ostens der Fall. Ja, in Rußland kommt der Winter früher. Hoffentlich tun sie uns bald hier heraus. Unser Major wird noch scharf auf das Ritterkreuz sein. Es ist halt immer so, die garnichts mit Kämpf[en] zu tun haben, die sind scharf auf die Auszeichnung und bekommen sie auch. Wir wollen jedoch weiter auf unsern Herrgott vertrauen, dann wird schon alles gut werden. Urselchen scheint also die richtige [...]lisbeth [?] zu sein. Gar zu wild habe ich es ja nicht gern aber ihren Spaß soll sie auch haben. Du brauchst natürlich nicht die Karussels alle mitzufahren. Aber das möchst du ja so wie so schon richtig. Hat sie denn noch Angst vor den Kasperle und dergl.? Ich hoffe, daß sich dies etwas gebessert hat, denn sie ist doch schon groß und kommt nächstes Jahr schon in die Schule. Hiltrud, der kleine Mops, fährt also auch schon Kinder Karussel. Nun Spaß muß ja sein. Die Hauptsache ist auch hier, daß sie gesund sind. Ein bischen frech, dürfen sie schon sein, deswegen werden sie doch lieb sein. Du wirst bestimmt deine Freude an ihnen haben. Ich will hoffen, daß ich auch bald wieder bei Euch bin und an allen Sorgen und Freuden teilnehmen kann. Du mein Schatz, wirst das Jungvolk schon verwöhnen das macht jedoch nichts. Aber bald hoffe ich auch dich wieder verwöhnen zu können. Schon jetzt möchte ich dich in meine Arme nehmen. 7 Monate traurig ist ja auch schon sehr sehr lange. Aber wie lange wird es noch dauern? Fassen wir uns mit Geduld. Die Hauptsache ist, daß wir alle 4 gesund bleiben. Bitten wir den lieben Gott weiter wie bisher um seinen Schutz, dann muß es gut werden. Bleibt mir nur weiter so lieb und dann bin ich schon zufrieden. Viele viele Grüße und tausend Küsse Euer lieber Papa. Auf baldiges Wiedersehen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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