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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 12.08.1941 (3.2009.1998)

 

12.8.41



Meine lieben Mäuschen!

Gottseidank, daß das schlechte Wetter zu Ende ist. Heute ist es wieder sehr warm und sonnig. Da werden die Straßen bald wieder abgetrocknet sein. Neues gibt es jedoch bei mir nicht. Unser zweiter Zug soll gestern Abend einen russischen Jäger (Rata) abgeschossen haben. Gesehen habe ich, dass geschossen wurde aber nicht gesehen, daß die Maschine abgestürzt ist. Wenn sie jedoch tatsächlich herunter ist, dann bin ich sehr froh darum, denn dann ist wieder ein Feind weniger. Zu uns kommen anscheinend keine. Entweder sie fliegen viel zu hoch, oder sie drehen vorher ab. Die schwere Flak hat es darin besser. Fast täglich kommen sie zum Schuß und fällt auch immer mindestens Eine herunter. Wies jedoch auch sei, die Hauptsache ist, dass wir gesund sind und es auch bleiben. An das Kanonenschießen habe ich mich ganz gut gewöhnt. Ich schlafe wie sonst über das Geballere ein. Andere, wie Czada aber auch Vetter, können keinen Schlaf finden. Das sind halt Nervensachen. Anscheinend haben die, die viel gesoffen haben, das schwächste Nervenkostüm. Von Angst will ich garnicht reden, die hat ja wohl jeder. Ich bin natürlich nicht davon ausgenommen. Aber Bilder unserer Helden kannst Du hier sehen, da ist man platt. Sonst ein großes Maul und wenn eine Granate 1500 m vor uns hinhaut, dann sind sie schon im Graben. Wenn natürlich ein wehrloser Russe des Wegs kommt, dann sind sie stark und wollen ihn totschießen. Wie wir an der Brücke lagen, also ganz Vorne [...] sogar gegen Erdziele eingesetzt, kam vom Regiment der Befehl, daß wir sofort zurück sollten. Das war noch vom selben Abend. Gekommen ist jedoch keiner, der uns das gesagt hätte. Angeblich haben sie uns nicht gefunden. Erst am andern Morgen wurde es unserem Wtm. Seitz gesagt, der zurück fuhr, um sich nach dem Essen zu erkundigen. Zu Essen hätten wir davorn bestimmt nichts bekommen vor lauter Angst, die sie haben. Du solltest einmal sehen, was sich der Troß der mindestens 5 km hinteruns liegt, für Löcher gegraben hat. Ich würde ja garnichts sagen, wenn sie nicht sonst Mäuler wie die Schwerter hätten. Sobald wir jedoch hier heraus sind dann werden sie wohl wieder stark sein. Namen will ich gar nicht erwähnen, die kann ich auch so behalten. Bei mir im Zug ist das genau so. Der eine spottet auf den anderen dabei haben alle Beide die Hose voll. Federl ist auch so ein Held. Als wir das Erstemal bombardiert wurden, angenehm war es gewiß nicht, denn die Brocken kamen etwas zu dicht an uns heran, trabte er vor lauter Aufregung um das Zelt herum, daß man meinte, wilde Pferde seien losgelassen. Und als gar eine Leuchtbombe genau über unserem Geschütz hing, flüchtete er ins Zelt, als würde dies Schutz gewähren. Ja, ja, die Nerven. Wenn man ihnen jedoch nachträglich etwas sagt, dann war es nicht so gewesen. Ich hoffe und werde auch mit Gottes Hilfe gesund hier heraus kommen und hoffentlich ist dies nicht mehr in allzu weiter Ferne. Bitten wir den lieben Gott darum, daß wir recht bald wieder zusammen kommen. Ich habe jetzt wirklich vom Krieg genug gesehen. So viel wollte ich gar nicht zu sehen bekommen. Aber ich glaube, daß wir wenn der Kessel hier fertig ist, etwas nach Rückwärts, vielleicht sogar ganz aus Russland heraus kommen. Jedenfalls zum Erdbeschuß werden wir bestimmt nicht mehr eingesetzt, denn dafür ist die Flak zu wertvoll. Es gibt hierfür genug andere Waffen, die zum Luftbeschuß untauglich sind. Unser Kommandeur hat ja auch das EK 1 und die Belobigung von oben herunter, dass er in Kürze „Oberstleutnant“ wird auch ohne nochmaligen Einsatz. Wir haben ja auch eine große Zahl Flugzeuge abgeschossen, da kann er mit Recht stolz sein. Nun wie ists bei Euch. Kommen die Engländer noch oft? Wie ist’s mit nochmaligem Urlaub? Hast Du Dich bei Frau Neuberger erkundigt? Ich würde es wirklich sehr begrüßen, wenn Ihr Eure Ruhe und satt zu Essen hättet. Morgen soll es wieder Post geben. Hoffentlich ist für mich diesmal wieder etwas dabei. Ein großer Mangel an Zigaretten herrscht hier. Schwarze gibt es jetzt auch keine mehr. Wir sind alle am drehen. Bald ist jedoch auch dies zu Ende da das Papier und der Tabak alle wird. Eine schwarze Zigarette schmeckt jedoch immernoch besser als eine selbst gewickelte. Das Rauchen können wir bald aufstecken und soll das ja auch gesünder sein, wie böse Zungen behaupten. Dir wird es zuhause jetzt nicht langweilig sein. Nach dem Urlaub ist bestimmt alles schmutzig und zerrissen. Wir hier haben viel Zeit. Wir stehen unsere Wache, tun sonst aber auch keinen Bigs. Hoffentlich bleibt das Wetter noch ein Weilchen so, sonst ist es gar zu trostlos. Wann wird denn endlich dieser Krieg zu Ende sein. Unsere Töchter werden groß und größer wir zwei Alten alt und älter. Aber wir haben ja noch junge von Liebe glühende Herzen. Da macht das noch nichts aus. Zumal Du mein Goldschatz noch so mädchenhaft aussiehst wie dies der Bauer zu Maria Buchen [?] und auch Urselchen sagte. Ich habe es sehr gerne wenn Du Dich etwas pflegst und geschmackvoll anziehst. So hausbackene Leufe [?], vom Schlage Deiner Mutter oder aber Frau Schulteiß, kann ich nicht ausstehen. Natürlich bin ich in Sachen, die uns zwei betreffen auch sehr konservativ. An unserer Liebe und Treue lassen wir uns nicht rütteln und soll es bleiben wie es war. Da verstehen wir uns ja auch prima. Eine kleine Unterbrechung gab es eben im Schreiben. 3 Ratas schreckten uns aus unserer Ruhe. Aber wie immer zu weit für unsere kleinen Spritzen. Nachdem sie fortwaren, kamen prompt 2 Me. 109. Da hätten wir beinahe einen Luftkampf sehen können. Jetzt ist natürlich wieder Krach. Ich habe gemessen: 3500 m und war dies auch mit dem bloßen Auge zu sehen, während die andern behaupten die Maschinen wären nur 2000 m weit gewesen. Unser 3. Zug, der 5 km von uns entfernt liegt, hatte auf die Maschinen geschossen und waren sie auch näher zu diesem Zug, als zu uns. Das sind die Helden. Schießen beruhigt kolossal die erregten Gemüter. Das wird Dir sicherlich ein Lächeln abgewinnen. Aber wenn man nichts zu tun hat und dazu noch EK hungrig ist, kommen sie auf die blödesten Einfälle. Du siehst jedoch daran daß es mir noch gut geht. Wenns ernst ist, hörst Du diese Sachen nicht. Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende, damit man von diesem Sauhaufen wegkommt. Bleibt Ihr 3 liebe Schetzchen mir gesund und munter und lieb und brav wie bisher, das ist mein ruhiger Pol in diesem Wirrwarr. Daher schöpfe ich meine Kraft, Ruhe und Gottvertrauen. Der liebe Gott beschützt uns schon weiter. Viele viele Grüße und tausend Küsse. Euer lieber Papa.
Auf baldiges Wiedersehen!

Hast Du schon was von Pfeiffer gehört?

 

 



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