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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 28.05.1940 (3.2009.1998)

 

28.5.40



Meine lieben Mäuschen!

Ich hatte ja eigentlich mit einem Brief von Dir gerechnet, aber leider ist keiner gekommen. Trotzdem habe ich eine ganze ‚Menge Post erhalten. Von Mutsch einen Brief und 2 Briefpäckchen von Fritz eine Karte und von der Allianz ein Brief mit Zigaretten. Else hat eine Taschenlampe geschickt sogar mit einer Batterie. Das letztere wäre ja nicht nötig gewesen, denn Batterien habe ich genug. Wenn ich wieder einmal ein Päckchen schicke lasse ich Dir sie zugehen. Also diesen Brief lasse ich Dir nicht durch die Feldpost zugehen. Vetter geht nachher ins Dorf. Eier holen da nimmt er ihn mit. Es ist zu blöd, wenn man weiß, daß noch ein 3. die Post liest. Unser Hauptmann hat, dem Kratz schon einen Zettel zukommen lassen, er solle nicht solche Romane schreiben, denn er hätte nicht die Zeit, den ganzen Schmus zu lesen. Ich glaube ja nicht, daß ich auch so einen Zettel bekomme aber man ist im Briefeschreiben eben gehemmt. Dies nur zur Einleitung. Mein liebes Mäuschen das Wachestehen bringt einem noch auf den Hund. Gestern habe ich wieder von 19 Uhr bis um 4 Uhr und von 8Uhr bis 10 stehen. Man muß eben jetzt den Tag zur Nacht machten, anderst ist es garnicht auszuhalten. Sowie irgend ein Brummen oder Leuchten oder auch nur eine Leuchtkugel in der Luft ist, müssen wir raus. Es ist zum Lachen. Wenn ja unsere Hütte weit vom Geschütz weg wäre, wie beispielsweise in Kranichstein auf der Brückewürde ich garnichts sagen aber so sind es kaum 10 m. Aber wie gesagt, wir schlafen eben jede freie Minute. Das Gerücht geht wieder einmal herum wir würden Morgen Stellungswechsel machen. Der Bademeister in N. hat es erzählt! Ob es wahr ist, muß man erst abwarten. Jedenfalls sollen wir nach Belgien und sollen nur wir und die Scheinwerfer und H.G. mit. Das wäre an sich nicht schlimm. Wo wir da hinkommen werden, weiß ich noch nicht aber schlimm oder gar bes. gefährlich kann es da bestimmt nicht werden. Du müsstest einmal hier sein und Dir diesen Betrieb ansehen. Direkt zum Lachen sage ich Dir. Ich hoffe, daß Dir Vorhöfer etwas von dem Zirkus erzählt hat. Auf keinen Fall brauchst Du Dich um mich zu ängstigen. Selbstredend kann uns auch hier etwas passieren. Der letzte Sauhund von Flieger hat ja auf uns geschossen aber Ihr zu Hause seit zumindestens genau so gefährdet, wie ich auch. Ich höre hier immer die Sirenen von M., N. und sogar Andernach. Da muß ich immer an Dich denken, wenn Du mit unseren 2 Goldstücken in den Keller marschierst. Aber mache Dir nicht so viel draus. Der Kriegt geht auch zu Ende, dann wird auch wieder Ruhe. Was könnte es so schön sein auf der Welt wenn nicht so ein paar Dickköpfe da wären. Ich hoffe jedoch, daß nach diesem Kriege mindestens 100 Jahre Frieden sein wird. Nun wie geht es denn Dir und selbstredend auch den 2 Kleinen? Du schriebst so wenig von Dir selbst? Du weißt doch ich will alles wissen Was macht unser Groschengräbchen? Ich hoffe, daß es bei uns nicht mehr fett wird. Übrigens will ich nicht hoffen daß Du immer noch dünner wirst. Fehlt Dir vielleicht irgend was? Ist etwas in Deinem Bäuchelchen in Unordnung geraten? Möglich ist es schon, denn wenn man so manches gewohnt ist und es dann zwangsweise so lange entbehren muß, dann kommt man aus der Ruhe. Wenn es nicht garzu gefährlich wäre, Dich hierher kommen zu lassen müsstest Du ganz bestimmt einmal kommen. Aber hier gibt es das nicht. Die würden die mich sofort 14 Tage einsperren. Und das vor lauter Angst, es könnte etwas verraten werden, dabei weiß es hier die ganze Gegend. Das ist ja auch kein Wunder, wenn er [gemeint ist wohl Hermann Göring] mit weißer Mütze im offenen Auto täglich durch das Dorf fährt. Unser Führer Adolf Hitler war auch schon zwei Tage da. Also Besuch haben wir genug. Wir dürfen dann die Wache halten, damit um Gotteswillen nicht ein Flieger kommt. Dabei ist es gar nicht so schlimm, wenn wirklich einer kommt. Ein Druck auf einen Knopf und die ganze Sache verschwindet in einem Berg. Das ist jedoch alles Nebensache. Ich will ha nun für Dich ein paar Zeilen schreiben und von unserer Liebe. Obwohl wir nun schon bald 6 Jahre verheiratet sind merke ich eigentlich nicht, daß es schon solange her ist seit ich Dich geschnappt habe. Aber wir wollen ja noch recht recht lange zusammen bleiben, da holen wir das was wir jetzt alles entbehren müssen nach. Ich hoffe natürlich daß Du dabei bist und nicht wie s Zt. Dich so sträubst mit dem Schneckchen. Nun damals, war ja alles noch so Neu und tut Dir es ja auch noch so weh. Und nach Ursulas Geburt warst Du sogar aufgeschlitzt. Das kommt ja jetzt nicht mehr vor, es sein denn, daß durch den seltenen Gebrauch Du auch eingegangen bist. Wir werden es jedoch schon schaffen. Die Hauptsache ist, daß der Krieg bald all ist und wir gesund zusammen kommen. Aber kannst Du ruhig jetzt schon. Eine Urlaubsfahrt von mindestens 14 Tage müssen wie unbedingt nach Schluß des Krieges machen. Vorher gehe ich bestimmt nicht schaffen. Ich habe eben unterbrechen müssen um unser Nachtessen zu holen. Jetzt geht es jedoch weiter. Ja, ja der blöde Krieg. Ich müsste Dich wieder einmal dringend in die Arme nehmen und ganz tief in Dich hinein krabbeln. Selbst auf die Gefahr hin, daß Du wieder einen kleinen Erdenbürger das Leben schenken würdest. Was war es doch s.Zt. in Oberstdorf und auch in Köthen so schön. Allerdings beide Male vielmehr beide viele Male mit Erfolg. Wir haben jedoch 2 ganz wundervolle Kinderchen was wollen wir denn noch mehr. Ja, wenn man schöne Eltern hat, da hat es um das Aussehen der Kinder keine Sorge. Fotografierst Du eigentlich oder will es immer noch nicht klappen? Der Film war doch bald voll gewesen den ich Angefangen habe- Es sind doch höchstens noch 2 oder 3 Bilder zu machen. Also mein liebes Schätzchen mein Brief nähert sich dem Ende. Du darfst jedoch die Gewissheit haben, daß ich Dich noch ebenso liebe wie einst am 1. Tage. Selbstverständlich hoffe ich auch so geliebt zu werden, was ich ja weiß und auch darnicht daran zweifele. Jetzt wo es Juni wird und Du immer so in Fahrt kommst wäre ich halt zu gerne bei Dir um Dich in jeder Weise zufrieden zustellen. Aber was halt nicht zu machen ist, ist halt nicht zu machen. Bleibe mir weiter schön brav und lieb und gesund und rege Dich bitte nicht zu sehr über allen Dreck auf, es kommt ja doch wie es kommen soll. Ich komme schon wieder zu Dir Sei viele Male gegrüßt und tausendmal geküsst von Deinem Dich immer liebenden
Erich

Gruß und Kuß an die 2 kleinen Mäuschen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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