Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 30.09.1941 (3.2009.1998)

 

30.9.41



30.9.41

Meine lieben Mäuschen!

Noch ist es Vormittag, aber da alles nichts schafft, mache ich natürlich auch nichts. Die Zeit bis zum Mittagessen fülle ich aus indem ich Euch meinen lieben Schätzchen ein paar Zeilen schreibe. Heute Abend werde ich dann den Brief beenden. Mir geht es noch gut und hoffe ich das selbe auch von Euch drei. Nach den letzten Briefen haben unsere zwei Mäuschen ja noch nicht die Masern. Das kann jedoch noch kommen. Hoffentlich wird es nicht so schlimm. Auch will ich hoffen, daß der kleine Wolfgang die Kriese gut überstanden hat. Nun die nächsten Briefe, werden mir davon berichten. Falls dies einmal bei unseren Kindern oder uns beiden passieren sollte, da bin ich für gleich operieren. Jedenfalls hilft da ein Anstehenlassen oder Vertreiben nicht. Mit Gotteshilfe wird uns jedoch schon nichts derartiges zustoßen. Bei mir hier ist es sehr ruhig geworden. Die Flieger kommen zur Zeit unberufen seltener. Im Moment waren ja wieder 3 Schlachtflugzeuge da aber für uns zu weit. Eben brauste auch eine Me. 109 drüber, da brauchen wir sowieso nichts mehr zu machen. Böse bin ich deshalb nicht. Die letzten Tage war es ja auch toll. Da kann man unserem Herrgott sehr dankbar sein, daß wir so gut, trotz der vielen Angriffe, davon kommen. Ich war jedenfalls immer froh, als es Abend war, obwohl ich nie das Gefühl hatte, daß auch nur etwas passieren könnte. Jedenfalls habe ich meine Pflicht getan, mehr kann man nicht verlangen. Selbst bei Bombenwürfen haben wir noch geschossen, während alles andere schon längst flach lag. Unser Hauptmann sagte sogar, daß wir Helden würden. Anscheinend ist der Bericht dementsprechend abgefasst worden. Ob es natürlich auch EK gibt für uns, das muß man erst abwarten. Verdient haben wir es mindestens genauso wie alle anderen E.K.-Träger unserer Batterie. Verschiedene wissen sowieso nicht für was sie es überhaupt bekommen haben. Ich würde mich über die Auszeichnung sehr freuen aber ein Bein rupfe ich mir deshalb noch lange nicht aus. Unser neuer Zugführer war heute früh bei uns. Bis jetzt will ich noch nichts sagen, über ihn. Vielleicht ist er besser als sein Ruf. Er ist jedoch aktiver Soldat (12-Ender) und führt sehr wahrscheinlich den kommenden Dienstplan stur durch. Da wäre es halt sehr gut ich würde Uffz. werden. Ich glaube natürlich an so etwas nicht mehr, zumal uns unser Zugführer und Gesch.-Führer verlassen hat. Für so etwas muß man einen Fürsprecher haben. Ansich ist es jedoch egal, der Krieg wird auch so herum gehen. Hoffentlich ist das Ende nicht mehr in allzuweiter Ferne. Es sieht jedoch aus, wenigstens wenn man sich die Karte betrachtet, daß er noch einige Jahre dauern wird. Das russische System ist genau wie das unsere. Hier heißt es Kommissar bei uns Blockwalter. Wer aufmuckt wird kaltgestellt. In Rußland heißt kaltgestellt „erschossen“. So leicht wird sich die Regierung jedenfalls nicht stürzen lassen. Aber auch hierin wollen wir nicht allzu schwarz sehen. Der liebe Gott wird uns schon helfen. Bei uns geht das Gerücht wieder um, wir würden heraus gezogen. Während die einen wissen wollen, wir kämen am 10. hier heraus behaupten die anderen 14 Tage vor Weihnachten würden wir verladen werden. An letzteres glaube ich schon garnicht, denn wenn wir bis dahin noch da sind bleiben wir auch den Rest des Winters hier. Gespannt bin ich ob wir unsere Winterbekleidung erhalten werden. Davon hängt ja alles ab. Verschiedenen Einheiten soll sie schon abgelehnt sein, was gleichbedeutend ist, mit Rückkehr nach Deutschland oder Frankreich. Normalerweise ist ja an jedem Gerücht etwas wahres dran, hoffen wir, daß es auch in unserem Falle so ist. Mein letzter Briefblock ist nun auch zu Ende. Du siehst es schon an dem neuen Papier. So vergeht die Zeit. Morgen schreiben wir schon Oktober. Wie bald wird Weihnachten sein. Die Hauptsache ist jedoch wir sind noch gesund und werden es auch mit Gotteshilfe bleiben. Meine Sehnsucht nach der Heimat, vor allem nach Euch meine Goldkinder, wächst natürlich von Tag zu Tag mehr. Aber mir geht es ja nicht allein so sondern in erster Linie Euch auch und den vielen anderen Soldaten, Frauen, Bräute und Kindern. Hoffen wir, daß es wenigstens bald Urlaub gibt. 14 Tage oder 3 Wochen bei Euch sein ist auch schon etwas. Vorerst natürlich heißt es Geduld haben und abwarten. Ich kann mir nicht denken, daß es überhaupt von Rußland aus Urlaub gibt. Sind doch die paar Bahnen, die zur Verfügung stehen für andere Zwecke bedeutend wichtiger. Wenn dann auch noch Schnee liegt, dann ist es ganz aus. Vielleicht werden wir dann manchmal keine Verpflegung bekommen. Ich stelle mir jedenfalls den Winter in Rußland schrecklich vor. So, nun mache ich eine Pause bis zum Abend, denn das Mittagessen, kann nicht mehr fern sein. Inzwischen ist es Abend geworden. Die Uhr zeigt auf 8 Uhr. Der Tag war sehr ruhig. Gegen 6 Uhr hatten wir einen Fliegeralarm, jedoch waren die Flugzeuge viel zu weit für uns. Ich bin froh, das es nicht mehr so toll ist. In unsere Stadt kommt jetzt auch eine Frontsammelstelle, also wir werden langsam Etappe werden. Trotzdem will ich nichts wie raus aus Rußland. Am Tisch hier werden gerade die Fronterlebnisse erzählt. Schauerlich kann ich dir sagen. Nun es ist gut vorbei gegangen. Der liebe Gott wird mich schon weiter beschützen wie bisher. Jedenfalls wollen wir ihn weiter um seinen Schutz bitten. Bleibt Ihr mir nur auch gesund, dann ist ja alles gut. Der Krieg wird auch zu Ende gehen. Natürlich ist’s uns schon zu lange. Verständlich, wenn man schon über 2 Jahre von daheim weg ist. Wenn man Familie hat, dann gehört man heim. Mit Gotteshilfe wird es schon wieder werden. Gedulden wir uns halt weiter. Sorgen habe ich natürlich um Euch auch. Die häufigen Fliegerangriffe auf Frankfurt sind ja auch nicht von Pappe. Es wird Euch jedoch schon nichts geschehen. Wir stehen ja alle in Gotteshand und er wird es schon richtig machen. Vertrauen wir weiter auf ihn. Wie heißt es in unserem alten Kirchenlied: Eine feste Burg ist unser Gott. Jedenfalls habe ich die feste Hoffnung recht bald wieder bei Euch zu sein. Wir tuen auch weiter unsere Pflicht, du daheim ich hier. Gesund sind wir ja noch und hoffen es auch zu bleiben. Ich sehne mich sehr nach Euch das kannst du dir sicherlich denken und sehne ich den Tag herbei wo ich wieder bei Euch sein kann. Trotzdem Kopf hoch es wird schon werden. Bleibt mir so lieb wie bis her dann bin ich zufrieden mit Euch. Viele herzliche Grüße und tausend Küsse
Euer lieber Papa.
Auf baldiges Wiedersehen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top