Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Gertrud B. an Peter W. am 22.11.1944 (3.2002.7401)

 

Nr. 84

22.11.44



Mein lieber guter Peter.
Unsere beiden, Käthe und Thereschen liegen bereits wieder stramm, sie lassen Dich herzlich grüßen. Mir selbst ist es, als hätte ich schon lange nicht mehr mit Dir geplaudert, deshalb sollst Du noch schnell ein Brieflein haben. Du weißt ja, das ist für mich jedes Mal eine liebe Erholung und Ausspannung. Auf meiner Station hat sich in den letzten acht Tagen doch einiges geändert. Ein Sani fuhr in Urlaub, für ihn bekam ich bis jetzt keinen Ersatz, das muß im 6. Kriegsjahr alles ganz einfach auch so gehen. Meine Zweitschwester mußte ich abgeben, sie vertritt auf einer anderen Station. Für sie bekam ich eine Schwesternhelferin, ein nettes frisches Mädel aus Rosenheim. Sie ist sehr fleißig und gewissenhaft und füllt ihren Platz gut aus. – Als außergewöhnliche Fälle haben wir zur Zeit einen General aus der Luftwaffe auf der Station, aber es geht alles ganz gut. Es ist doch etwas wert, wenn man ein wenig weltgewandt ist und mit Menschen umgehen kann. Außerdem habe ich dann noch ein langhaariges Wesen zu betreuen, eine Italienerin, die bei uns am Blinddarm operiert wurde. Ihre Wehleidigkeit habe ich ihr gleich am ersten Tag abgewöhnt, und es geht ihr schon recht gut. Daneben habe ich natürlich nach wie vor meine 100 – 110 Männer zu versorgen, da kannst Du Dir das Arbeitstempo wohl vorstellen, aber es geht mit gut, auch gesundheitlich ist alles in bester Ordnung. –
Ich will noch kurz auf Deinen letzten Brief zurückkommen. Ich bin immer sehr froh, wenn Du Dich brieflich wieder einmal bei mir aussprichst. Bei aller Selbständigkeit und Individualität braucht man das doch von Zeit zu Zeit, ich spüre das ja selbst. Auch meine Briefe sind manches Mal ganz bestimmten od. besonderen Stimmungen entwachsen und es wäre falsch, diese Dinge voreinander zu verbergen. Wir sind und bleiben Menschen und all das gehört zu unserem Menschsein dazu. Ja mein Liebster, ich verstehe Dich in all Deinem inneren und äußeren Nöten und Sorgen so gut und Du weißt, es gibt nichts, was ich nicht mit Dir trage u. teile. –
Der Krieg schafft nun einmal auf allen Gebieten des Lebens unnormale und unnatürliche Zustände, daraus müssen ja für den Einzelnen, aber auch für das gesamte Volk Schwierigkeiten erwachsen, die dann wieder Opfer auferlegen. Ich freue mich, daß Du in Deinem Brief schreibst, wir steigen immer wieder in den Sattel, denn das ist das Ausschlaggebende, nie das Ziel aus dem Auge verlieren – und wir leben kämpften und opfern und ertragen für eine Sache, die es wert ist, daß man mit dem ganzen Einsatz seines Lebens, des inneren u. äußeren Menschen sich an sie hingibt. Wir verstehen uns da zu gut, als daß ich das noch weiter erläutern müßte. Deshalb ist auch jedes gebrachte Opfer in freier Willensentscheidung kein nutzloses sich abquälen od. gar ein Unsinn, wenn wir auch des öfteren verlacht werden, sondern es trägt schon in sich den Kern und die Saat zu neuem Guten. Gell, Du weißt es selbst, es lohnt sich schon tapfer zu sein und froh und stark durchzuhalten, wie tief und groß wird dann unser Glück und unsere Freude sein, wenn wir wieder einmal gesund an Leib und Seele voreinander stehen, uns in die Augen schauen können bis auf den Grund der Seele und uns dann sagen dürfen, wenn wir auch manches Mal klein und verzagt waren, wenn es uns auch oft recht schwer geworden ist, so haben wir doch in der Liebe zueinander, die Gott uns geschenkt hat, tapfer gekämpft. Wie oft stelle ich mir diesen Augenblick vor und wie sehne ich ihn herbei. –
So soll auch heute das Kreuzlein, das ich Dir auf die Stirn drücke, Dir Mut und Kraft geben für das alltägliche Leben mit allem was das kommen mag. –
Immer darfst Du meiner ungeteilten Liebe und Treue gewiß sein. Ich warte auf Dich, auf meinen Peter, meinen großen, wilden Jungen, meinen liebenden Gatten und ritterlichen Beschützer. Tausend liebe Grüße und viele, herzliche Küsse von
Deiner Trude.

 

top