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Brief (Transkript)

Gertrud B. an Peter W. am 17.09.1944 (3.2002.7401)

 

1.) Nr. 45

Italien, am 17.9 44.



Du mein Lieb, mein guter Peter!
Wie bin ich froh wieder einmal verhältnismäßig ungestört meine Gedanken in weite Fernen zu Dir herunterzuschicken und ein wenig mit Dir zu plaudern. Die letzten Tage kam ich nicht so recht dazu, es war immer etwas anderes, aber trotzdem hat mein treues Gedenken immer nur Dir gegolten. Wie sehne ich mich oft danach wieder einmal bei Dir zu sein, besonders jetzt, in der immer ernster und schwerer werdenden Zeit. Es befällt einen doch oft diese große, menschliche, innere Not und Sorge, da macht sich das düstere Gespenst des ewig Ungewissen so breit, und man spürt so richtig die ungeheure Wucht all des Schrecklichen, Grausamen und Unbegreiflichen, daß in unseren Zeiten geschieht. Auch Du wirst in großer Sorge sein, ich kann sie nicht von Dir nehmen, aber ich teile sie ehrlichen Herzens jeden Tag auf’s Neue mit Dir, Du weißt es! Es wäre zwecklos, brieflich all das, was uns im einzelnen bedrückt auseinander zu legen, aber uns Christen ist in all dem Dunkel unserer Tage die mächtige Waffe des Gebetes an die Hand gegeben, da findet unser Herz Trost und Vertrauen und es wird ruhig und zuversichtlich. Mit starkem Herzen wollen wir zu allem bereit sein und zu allem unser „ja“ sprechen. –
Die Postverhältnisse sind augenblicklich ausgesprochen schlecht. Von Deinem und meinem Zuhause hörte ich lange nichts. Auch von Dir habe ich seit acht Tagen keine Nachricht. Die Post geht von hier jetzt nur noch seltener und unregelmäßiger weg, so daß Du gewiß manches Mal lange warten mußt. Das tut mir sehr leid für Dich, wenn doch bald die Zeit käme, wo ich Dich entschädigen könnte für alles, was Du jetzt entbehren mußt und für all die Opfer, Sorgen und Nöte, die Du meinetwegen auf Dich nimmst. Wenn auch vieles, vielleicht alles anders wird als wir es uns gedacht haben, mein verstehendes, frauliches Dich innig liebendes Herz bringe ich aus dem Krieg mit heim, da wird und muß alles gut werden. Schon jetzt sollst Du Dich darauf freuen und dessen ganz gewiß sein. –
Vor ein paar Tagen sah ich hier den Film „Wiener Schrammeln.“ Es war nach langer Zeit eine kleine, kurze Ablenkung. Außerdem interessierte mich gerade dieser Film. Er ist in Wien 112 Tage hintereinander gelaufen, von einer ungeheuer großen Besucherzahl aufgesucht, aber ich finde, er ist nichts Besonderes, sonst nett und leicht und gut anzusehen. Vielleicht kennst Du ihn auch. Die außergewöhnlich hohe Besucherzahl in dieser Zeit ist wohl ein Beweis dafür, wie sehr die Menschen diesen Dingen nachjagen, um für kurze Zeit einmal zu vergessen und auszuspannen. Man kann das ja nur zu gut verstehen, denn wir alle sind ja nur Menschen. – Gestern war das Lazarett in dem ich arbeite ein Jahr in G. Das war der Anlaß zu einem Kameradschaftsabend, aber es wollte aus begreiflichen Gründen einfach keine Stimmung aufkommen, ich habe mich dann auch schon vor dem offiziellen Schluß verdrückt. –
Es geht mir gut. Ich hoffe, auch Du bist gesund an Leib und Seele. – All mein Gedanken die ich hab’, die sind bei Dir! – Und so grüße und küsse ich Dich am heutigen Abend wieder und segne Dich in Liebe und Treue als Deine glückliche Trude.

 

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