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Brief (Transkript)

Otto Madl an seine Ehefrau am 07.12.1941 (3.2002.7163)

 

7.121941



Meine Lieben!
Eueren Brief vom 3. erhalten, ich kann Dir noch nichts Bestimmte schreiben, ob ich über die ganzen Feiertage frei bekomme, das kann ich Dir erst einige Tage zuvor schreiben. Sollte es über die Feiertage nicht möglich sein, dann kommst halt an einem Samstag. Denkt Euch ja nicht, daß ich kein Interesse habe, aber wir haben einen Spieß, der will gar nichts genehmigen, er sagt, ganz einfach „Ich laß ja meine Frau auch nicht kommen und ist nur in Würzburg“. Einigen Kameraden, denen unerwartet ihre Frauen auf Besuch kamen, gab er nicht frei. Da muß er zuvor verständigt werde.
Aber laß es nur sein, Cilly, das ja der Spieß sagen, weil sonst so viele Frauen auf Besuch kommen, daß während den Feiertagen kein einziger Soldat mehr hier ist. Wann ich nicht die ganzen Feiertage frei habe, dann einen Tag bestimmt. Ihr stellt es Euch viel leichter vor, wie es ist.
Nun meine Lieben zu was anderem, schon lange wollte ich Euch einen kleinen Ausschnitt von dem Leben in Langwasser schreiben. Wie es hier zugeht, ist ein Bild des Grauens und Schreckens und kann es Euch im Brief nicht so schildern. Die gefangenen Russen fallen nur um, dann sind sie tot. Die werden ganz nackt auf einen Wagen geworfen und abends werden sie eingegraben. Einige Fälle sind vorgekommen, daß sie einige auf fraßen (Menschenfresserei im Jahre 1941), die fressen von den Toten die Schenkel, wieder andere habe einige abgeschlachtet, dann haben sie ihnen Herz und Lunge raus und haben sich eine Mahlzeit bereitet, ich sah selber die Toten liegen, wie ihnen die Eingeweide herausgenommen waren. Da kannst Sachen erleben, die man für unmöglich hält. Ich glaube, da herrscht Ruhr und Hungertyphus, sonst könnten nicht soviel sterben, die meisten werden ja erschlagen. Zwei von den Menschenfressern wurden gestern erschossen. Da könnt Ihr Euch nun ein kleines Bild machen, wie es zugeht, hier in diesem schönen Ort.
Es sind nur kleine Beispiele wie es zugeht, wenn die Menschen Hunger haben. Nun muß ich wieder zu was andern, sonst vergeht euch der Appetit. Mit einem U.K.-Antrag werdet Ihr doch keinen Erfolghaben, nur in den aller dringendsten Fällen. Ich glaube schon Fanny, daß ich recht haben werde mit dem U.K.-Antrag. Der Lehner Jakl hat gar kein Glück mit dem Urlaub, wenn er bis zum Frühjahr erst an die Reihe kommt, da seht es Ihr wie es bei anderen Truppenteilen ist, wenn ich bis zum Frühjahr noch in Langwasser bin, dann werde ich auch wieder an die Reihe kommen.
Dann habe ich bisher noch mehr Glück mit dem Urlaub, wie die anderen Kameraden. Heute Sonntag habe ich frei, werde nachmittags zu Zenzl hingehen und abends vielleicht ins Kino, so verbringe ich die meisten Sonntagein Nürnberg, wenn ich frei habe. Wie geht es Euch sonst immer alle beide, gesund seid Ihr immer, das ist die Hauptsache. Fanny, Du tröstest mich immer, daß ja doch der Krieg bald zu Ende gehen wird. Ich sagte Euch doch bis der Krieg zu Ende wird, sind wir alte Knaben. Ihr dürft mir glauben, wenn ich Euch meine Ansichten schreibe. Wenn nicht nach dem Rußlandkrieg ein Kompromiß – Frieden geschlossen wird, der Krieg bestimmt noch 2-3 Jahre dauern wird. Dann England und Amerika sind auch eine Weltmacht, die nicht in einigen Monaten geschlagen werden kann und zaubern kann unser Wehrmacht nicht, sonst würde der Krieg schon alle sein. Mögen einige unvernünftige Menschen sagen was sie wolle, die werden es auch noch erleben.
Heute habe ich Euch wieder genug geschrieben, da könnt Ihr Euch nicht beklagen, sonst bin ich ja auch immer gesund. ‚Sende heut auch Euere Schachteln retour, aber leider bekam ich keine Zahnpasta mehr in der Kantine, weil jeder kaufte wie wahnsinnig und haben es heimgeschickt, vielleicht bekomme ich später einmal welche.
Nun will ich schließen, sie alle beide recht herzlich gegrüßt
Von Euerem
Otto

 

 



Ansicht des Briefes

 

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