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Brief (Transkript)

Otto Madl an seine Ehefrau am 20.10.1942 (3.2002.7163)

 

Rußland, 20.10.1942



Meine lb. Cilly!

Jetzt bekomme ich wieder öfters Post, in der Woche zwei-dreimal. Deinen Brief vom 10. Okt. Nr. 33 mit Freuden erhalten, hat nur 8 Tage gebraucht, oft braucht ein Brief gleich drei Wochen. Zwei Päckchen habe ich auch wieder bekommen, die Nr. 70 u. 71, es waren Zigaretten und Zucker drinnen. Ab 10. November dürfen keine 100 gr. Päckchen mehr gesandt werden, wann Dich dieser Brief noch vor den 10. Nov. erreicht, mußt mir halt in den kleinen Päckchen noch Süßstoff senden, aber gut verpacken, damit er nicht klappert, Du wirst es schon recht machen. Du machst es schon recht, bist ja eine tüchtige Frau, die in jeder Beziehung Bescheid weiß, von Fanny bekommst dann auch noch ein guten Rat, da kann es ja nicht fehlgehen. Es dürfen dann nur mehr die zwei Kilo-Päckchen im Monat gesandt werden, da schreibe ich dann schon immer, was ich brauche, wenn die Wintermonate vorbei sind, dann könnten ja die 100 gr. Päckchen wieder erlaubt werden.
Wie Du mir schreibst, hat Mutter den Kopfschützer schon fertig, gut, daß wir unsere Mutter noch haben, den die ist wirklich im Stricken eine Meisterin, dann braucht nur mehr der Winter kommen. Sogar eine Modezeitung hat Fanny für den Kopfschützer noch als Muster genommen, dann muß er bestimmt der wärmste werden, ist in der Modezeitung kein Muster für einen Nasenwärmer, nun wirst wieder sagen, Cilly, jetzt weiß er schon wieder was anderes. Man denkt halt an alles, wo einen friert, damit ich meine Knochen wieder gut nach hause bringe. Nur unsere Schuhe lassen für den Winter sehr zu wünschen übrig, wehe, wenn es da richtig kalt wird, da werden bei machen die Zehen kaputt werden. Bevor es meine Füße erfriert, muß mir der nächstbeste Russe seine Filzstiefel ausziehen, wenn nicht, dann wird er umgelegt, da geht dann Gewalt vor Recht. Wenn wir …… sind auf Posten, dann haben wir Filzschuhe mit Holzsohlen, die wirst schon gesehen haben im Kino. Es heißt für den Winter bekommen wir noch zwei Paar Socken, eine warme Unterhose und Hemd, eine Bauchbinde, Handschuhe, Kopfschützer, einen Mantel haben wir schon bekommen, es geht langsam aber sicher.
Seit zwei Tagen haben wir schlechte Witterung, Regen und Schnee durcheinander, da gibt es gleich so viel Dreck immer, daß man bereits nicht durch kann, ein sehr kalter Wind geht der berühmte Nordostwind, da würden Dir die Zähne klappern, es wird aber bei mir auch och der Fall werden. Nun bekommt Ihr ja mehr Fleisch und Brot in der Woche, eine kleine Brotzeit ist es auch, denkt nur nicht immer die Soldaten im Osten haben mehr wie Ihr, Du würdest oft ein saures Gesicht machen, wenn Du immer unsere Verpflegung hättest. Zum Leben ist schon, mehr braucht es ja nicht. Hans Meier* wird es schon wieder recht machen, den kennst Du noch nicht, aber er ist Dir doch bekannt.
Dann noch was, lb. Cilly, Du schreibst mir, die Frauen sagen immer, Hitler soll auch den Kriege kein Starkbier mehr brauen lassen, die sollen nun nach dem Kriege aus Dankbarkeit auch noch Wasser saufen. Ich glaube nicht, daß meine Cilly bei dieser Partei ist, wo die junge Voglin ist, da habe ich nicht falsch geraten, die vielleicht ihren Mann täglich den Liter Bier nicht gönnt, weil er so teuer ist, nicht wegen den Starkbier

[Anm. Der Brief ist hier abgeschnitten!]

Habe gar kein Verlangen nach Bier, denn wenn man Durst hat, sagt keiner, ich möchte ein Bier, da ist man um Wasser froh. Wir, Cilly, werden im Dienst so hart gehalten, daß uns jede Lebensfreude vergeht, ich weiß, ich war leichtsinnig, aber nun kommt die Zeit, wo ich es büßen muß, daß mir vielleicht die Lust für immer vergeht. Trotzdem laß ich meinen Mut nicht sinken, weil ich leben muß für Dich. Es dauert ja noch lange, bis ich wieder bei dir sein kann und dann bin ich ja schon müde und alt. Sehe kein Ende von diesen Krieg, aber es muß ja doch einmal kommen.
Sonst bin ich immer gesund und sei recht vielmals gegrüßt von Deinen
Otto
Gruß an Fanny!

[*gemeint ist Hermann Göring]

 

 



Ansicht des Briefes

 

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