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Brief (Transkript)

Günter Stegmann an seine Eltern am 24.10.1943 (3.2002.1298)

 

O.U., den 24.10.43



Liebe Eltern!

Es ist nachmittag, wir haben heute Dienst, im Augeblick sitzen wir in der Kantine. Gestern wurden wir eingeteilt, morgen werden die Ersten anfangen, ich bin morgen noch nicht dabei. Aber es geht langsam aber sicher los. Nach wie vor geht es mir sehr gut.
Die letzte Woche haben wir sehr gut mit ruhigem Dienst verbracht. Es war hier immer schlechtes Wetter, erst heute hat es sich ein wenig gebessert. Hoffentlich bleibt es ein Weilchen so, bis wir aus dem Gröbsten heraus sind und wieder einigermaßen sicher geworden sind. Gestern abend waren wir wieder im Soldatenheim. Dort trafen wir zu unserer großen Freude unseren Navilehrer aus Lüben. Stfw. Köhl. Er war auf Überlandflug hier. Es wurde ein fabelhafter Abend. Erst haben wir gut gegessen, ich habe mir ein Rostbeef bestellt, mit Sahnesoße schmeckt das prima. Ich bestelle mir jedesmal etwas anderes, wir haben uns köstlich amüsiert, wenn es auch zum Schluß eine nette Rechnung gab. So sind die 60 Kronen schon wieder sehr zusammengeschmolzen.
Wie es scheint, werden wir hier lange bleiben. Die letzten Briefe habe ich mit Dank, meine liebe Mutti, erhalten. Mach Dir bitte keine Sorgen, mir gehts gut, ich bin froh, was willst Du noch mehr.
Du bist gut, schreibst mir, warum ich kein Geld abgehoben habe, Du solltest wissen, daß es Devisen-Gesetze gibt. Sonst brauchte ich Dir auch keine schon vorgedruckte Postanweisung zu schicken. Kommt bloß nicht auf den Gedanken mehr Geld zu schicken. Wir sind nicht im besetzten Frankreich, sondern in einem Land, in dem wir bis jetzt nur fast Gäste sind. Hier wird scharf von allen Seiten auf das Einhalten der üblichen Gesetze geachtet. Der deutsche Soldat ist hier nicht als Feind, sondern er ist ein mehr oder weniger gern gesehener Gast. Um Reibereien zu vermeiden, sind auch alle Lokale und ganze Stadtviertel, die als Unruheherde bekannt sind, für uns gesperrt. Es sind die Straßen nach Art unserer Gils, Muluk, Weberstr. usw. Sonst habe ich hier noch kein ablehnendes Verhalten bemerkt, obwohl es bekannt ist, daß man den Engländer vielleicht lieber sehen würde. Aber wer weiß, ob er auch so zurückhaltend wäre wie wir.
Ohne weiteres wird uns alles verkauft, soweit es markenfrei ist. Viel ist hier nicht rationiert. Butter, Fett, Fleisch und noch einige Lebensmittel und Seife bekommt man nur gegen Marken. Wir kaufen schon ziemlich alles in der Stadt, denn dort ist alles billiger als in der Kantine. Gestern holte ich mir einen großen Kuchen, ich habe ihn allerdings morgens gleich verputzt. Wir haben heute bis 8 Uhr geschlafen. Einige noch länger, denn hier heißt es nur Hauptsache ist, man ist zum Dienst dort.
Schreibe mir doch bitte Deine Wünsche, liebe Mutti, für das Geld das Ihr schickt, sollt Ihr auch was haben.
Doch nun möchte ich schließen. Grüßt bitte den Langen und ich wünsche Ihm gute Besserung. Auch Hans und Werner bestellt schöne Grüße, denn ich weiß ja nicht ihre Adressen.
Was gibt neues? Was machen Schulzens?
Recht herzlich grüßt Euch euer
Günther

 

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