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Brief (Transkript)

Günter Stegmann an seine Eltern am 21.11.1943 (3.2002.1298)

 

O.U. den 21.11.43.



Mein lieber Papa, meine liebe Mutti!

Ich erlebe den heutigen Sonntagnachmittag zu Haus. Es darf nur immer ein bestimmter Prozentsatz heraus, und so bin ich heute zu Haus geblieben.
Draußen dunkelt es langsam. Es ist noch ziemlich früh, aber es liegt eine dicke Wolkendecke über dem Land. Heute herrscht wieder einmal qhi auf allen Fronten.
Während des ganzen Tages war es ruhig. Kaum ein Flugzeug startete oder landete. Vormittags hatten wir Unterricht, und seit Mittag haben wir frei.
Wie geht es Euch daheim? Ich will das Beste hoffen. Sitzt auch Ihr dort am Radio und lauscht der Musik, die alle verbindet. Nur uns Deutsche ergreift und bedeuteten unsere Melodien so viel.
Soeben ertöhnten die Klänge des schönen Liedes „Gute Nacht, Mutter“. Ich weiß nicht ob auch Du, liebe Mutti, jetzt am Lautsprecher sitzt. Aber ich mußte dabei daran denken, wie ich es Dir damals zum Geburtstag spielte. Wann werden wir wohl wieder zu Haus sein dürfen, und uns wieder gemütlich in Sesseln räkeln dürfen.
Wohl nie und nirgends kann es beim Kommiß so recht gemütlich sein. Aber daran gewöhnt man sich, und so fällt es gar nicht weiter auf, wenn die dicken Pelzkombinationen, die Sommerkombis, Koffer, Stiefel usw. überall ins Blickfeld rücken. Kein Bild usw. das Auge erfreut, aber wenn man es auch wollte, es hat keinen Zweck.
In wenigen Tagen ist das erste Jahr vergangen. Unheimlich schnell raste die Zeit vorrüber. Bis jetzt habe ich Glück gehabt. Immer war es ganz gut zu ertragen. Viele schöne Wochen waren darunter, die wenigen schlechteren verschwinden hinter den guten. Fast zu schnell war mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Verhältnismäßg schnell geht es mit unserer Ausbildung aufwärts, wie lange mußten andere warten.
Vor einem Jahr gingen die schönen Tage in Laucha zu Ende. Die letzten Tage im Zivilrock waren gekommen. Wieviel hat sich inzwischen verändert, ist anders geworden, und doch deucht es einem, als wäre es erst gestern gewesen. Was damals ein lustiger Sport war, der nicht viel forderte, ist jetzt Pflicht geworden und keine Spielerei mehr. Wohl ist sie leicht, weil sie Spaß macht aber jetzt fordert dieses Spiel. Zum zweiten Mal rückt das Weihnachtsfest näher. Die ersten Anzeichen wird man sicher bei Euch daheim schon bemerken. Wir merken noch nichts davon, wir können es gar nicht so recht glauben, daß es schon wieder soweit ist. Dieses Mal werden wir es jedoch gebührend feiern. Hoffentlich fliegt bis dahin einer von uns nach Deutschland, der all die schönen Geschenke mitnimmt, und sie dort auf die Post gibt. Mir schickt bitte nichts; denn ich habe alles, was sich ein Herz nur wünschen kann.
Doch nun möchte ich schließen herzlichst grüßt Euch bis zum nächsten Mal froh und heiter
euer Junge

 

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