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Brief (Transkript)

Günter Stegmann an seine Eltern am 13.6.1943 (3.2002.1298)

 

Markersdorf, den 13.6.43



Meine lieben Eltern!

Habt herzlichen Dank für den Pfingstkuchen. Unsere Wünsche sind leider nicht in Erfüllung gegangen. Aber Ihr braucht nicht traurig sein, ein ganzes schönes Stück bin ich Euch doch näher gekommen. Ich hoffe Euch in Kürze bei mir einladen zu können. Aus den Telegrammen werdet Ihr sicher entnommen haben, daß es in Kürze weggeht. Wir freuen uns alle, obwohl uns dort wieder viel Arbeit, noch mehr, als bis jetzt, erwartet. Ich habe mich zu den Zerstörern gemeldet, komme also auf C Schule. Unsere Jäger fliegen schon tüchtig über Land. Sie bleiben hier. Wenn wir C Flieger von hier fort gehen, bleibt jeweils nur ein kleiner Rest der alten Gruppe zusammen. Von den alten Segelfliegern bleibt fast keiner mehr zusammen, viele neue Gesichter sind hinzugekommen, die alten verblassen hinter neuen Kameraden doch die Welt ist ein Dorf, vor allem bei uns, denn Flieger gibt es noch nicht wie Sand am Meer. Nur die bis jetzt abgelösten, werden vielleicht verschwinden, denn sie bleiben vielleicht nicht beim fliegenden Personal. Auch für uns ist der Weg zu unseren Wünschen nicht frei von Klippen. Wie leicht kann man hängen bleiben und sich eines Tages in der Fliegerüberprüfungsstelle Prenzlau wieder finden. Ich will hoffen, daß ich über all wohl behalten hindurchkomme, und im nächsten Jahr meine Pflicht erfüllen kann. Liebe Mutti sein nicht traurig und ängstlich, wenn ich dabei bleiben darf, brauchst für das nächste halbe Jahr noch keine Angst um mich haben. Freut Euch daran, daß ich glücklicher als viele andere meine Pflicht erfülle. Es ist nicht leicht heute für uns, man verlangt schon viele Wunderdinge in kürzester Zeit. Uns, die wir schon fliegen konnten, fällt dies alles sehr viel leichter, als manchen anderen. Viele, die glücklich und mit solchem Mut nach Fels zogen, sind nun nicht mehr dabei. Traurig mußten sie von uns Abschied nehmen. Umso glücklicher sind wir, nun alles hinter uns zu haben. Die Prüfung ist nun auch überstanden. Wie beim Abi war sie aufgezogen. Im Schriftlichen habe ich ganz gut abgeschnitten. Im Mündlichen habe ich mich vor den hohen Herrn in Navigation blamiert. Habe mich einige Male toll verquasselt. Habe die Fehler verbessert. Aber gesagt ist gesagt.
Pfingsten, zum zweiten Male schreibe ich den Namen eines Festtages an den Anfang. Damals zu Ostern umgab mich noch die Angst vor den letzten Klippen, um ein Haar, wäre ich an diesen hängen geblieben. Heute ist dies glücklich überstanden.
Bei bester Festtagsstimmung haben wie soeben auf unserer gemütlichen kleinen Stube zu viert Kaffee getrunken. Dein Kuchen gab die beste Unterlage. Draußen hat es bis jetzt geregnet, erst jetzt zum Abend reißt langsam die Bewölkung auf und es fällt sogar im Augenblick ein Sonnenstrahl durchs Fenster mit diesem Brief. Morgen wird es hoffentlich schön werden, denn wir wollen ein wenig hinaus wandern, in den Dunkelsteiner Wald, hinauf zu einem alten Schloß. Schade nur, denkt ein jeder von uns, daß wir allein gehen müssen.
So verleben wir Pfingsten, ja die letzten 14 Tage ruhig, langweilen uns ein wenig, lesen, schreiben, lernen sogar ab und zu ein wenig und freuen uns unserer Ruhe. Sie wird uns gut zustatten kommen, wenn es in den nächsten Wochen wieder schwer arbeiten heißt. Heute und morgen ist erst um 8 Ohr wecken. Nach dem guten Mittag, es gab ein richtiges, fabelhaftes Schnitzel, Suppe, Salat und Apfelkompott, haben wie ein ausgedehntes Mittagsschläfchen gehalten, dann beim Volkskonzert ein wenig gelesen, Kaffe getrunken und nun werden wir uns umziehen und noch ein wenig bummeln gehen. Denn die Wolken haben sich teilweise aufgelöst und die Sonne scheint.
Morgen Vormittag werden wir unsere Sachen abgeben, ein Paket werde ich noch packen, eventuell schicke ich noch eins. Dieses müßt Ihr aber dann sofort wieder an die neue Adresse schicken, falls Ihr den Koffer noch nicht abgeschickt habt, legt diese Sachen dort hinein. Wir haben keinen Rucksack mehr, und so muß ich jetzt unbedingt einen Koffer haben. Noch dazu, wo ein Flieger öfter auf Reisen geht.
Was macht Ihr wohl zu Haus? Ihr werdet doch nicht etwa Trübsal blasen. Noch dazu wo bei Euch gutes Wetter sein muß. Was macht Berlin? und alle Bekannten?
Für heute möchte ich schließen, es ist wahrscheinlich der letzte Brief aus Markersdorf, die erste Etappe nun damit abgeschlossen.
Die zweite beginnt in der nächsten Woche in Lüben bei Breslau in Schlesien auf der C Schule „C 18 Lüben“.
In der Hoffnung, daß Ihr gesund und munter seid grüßt Euch gesund und glücklich
Euer Junge

Die herzlichsten Pfingstgrüße noch nachträglich allen Verwandten und Bekannten

 

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