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Brief (Transkript)

Hans-Karl Schmidt an seine Eltern, am 22.10.1944 (3.2002.0251)

 

Polen, 22.10.44.



Ihr Lieben zuhaus!

Es ist ein Sonntag im Herbst. Im Bunker ist es gemütlich warm. Durch die breiten Fenster sieht man in den regenfeuchten Wald. Die Tage gehen alle einer wie der andere vorüber. Eine bestimmte Aufgabe hat man ja auch nicht mehr. Die Front ist ruhig, Funkbetrieb ist nicht zu machen. Ich werde mir als einzige Abwechslung wohl hin und wieder eine Fahrt nach Busko gönnen. Gestern bin ich erst wieder dort gewesen, weil ich unbedingt einmal baden mußte. Das Straßenbild beherrschen dort die Soldarten. Von Fliegeralarm, Bombenangriffen und Front merken die Polen aber nichts. Sie haben es gut. Nahrungsmittel sind wohl nicht knapper als sonst geworden, wenn auch alles teurer geworden ist. Ich erstand mir 3 Weizenbrote, frisch u. heiß aus dem Ofen. Eins davon habe ich auf der Rückfahrt aufgegessen und Ihr könnt Euch denken wie mir gestern abend zu Mute war. Das frische Brot liegt sehr schwer im Magen. Ein Genuß ist es aber trotzdem (Der Preis eines Weizenbrotes von 1 kg beträgt 15 RM oder 30 Zloty). Heute morgen habe ich wie gewöhnlich sehr lange geschlafen. Was soll man sonst auch machen. Vor allen Dingen ist das Frühstücken nicht so wichtig. Durch ewigen Soldatenbesuch ist die Zivilbevölkerung auch nicht mehr so gebefreudig wie früher. Tag für Tag werden auch welche zum Schanzen abgeholt. All das trägt nicht zu unserer Beliebtheit bei. – Aufstehzeit ist gewöhnlich erst gegen Mittag. Etwas Kleinarbeit ist manchmal noch zu machen, damit wird dann der Nachmittag bis zum Dunkelwerden verbracht. Abends wird die gesamte Bunkerbesatzung erst so richtig munter. Wir haben eine Spielsammlung geliefert bekommen. Nun wird eifrig Schach, Mühle gespielt. Zu mehreren auch Skat. An diesem Spiel kann ich nun überhaupt keine Freude finden und weiß auch nicht, wieso andere es können. Es gehört wohl etwas Krämergeist und Berechnung dazu, die bei mir so ziemlich fehlen. Bei allen Menschen, die ich bisher kennenlernte und die dies Spiel frönten, hatten die oben beschriebenen Eigenschaften an sich. Ist es Euch auch schon aufgefallen? –
Im Wehrmachtbericht wird nun doch oft vom Dukla-Paß und Beskiden geredet. Dort in den Vorbergen stand auch einmal die 20. Div. im Kampfe. Über den Paß bin ich in die Slowakei gefahren. Das Gelände ist dort garnicht wild, sondern nur flach abfallend. Ungarische Truppen lagen allerdings sehr viele dort und sie waren auch fleißigst am Bunkerbauen. Ob Sicherheit und Standhaftigkeit aber auch von ihnen zu erwarten ist? – Heute mittag kam Euer Brief vom 13.10. Ich danke Euch dafür. Ihr seid viel am Reisen und wenn es Erfolg hat, dann bin ich damit auch zufrieden. Nur Mutter hat schwer unter dem totalen Kriegseinsatz zu leiden. Ist wirklich nichts dagegen zu machen? Und irgendeine Milderung muß doch auch zu erreichen sein! Es wäre wirklich schade, wenn unsere schöne Wohnung verkommen sollte; wenn es zu vermeiden wäre, soll es doch wenigstens geschehen. –
- Ich gebrauche Briefumschläge oder Faltbriefe! -
Ich gebrauche Briefumschläge oder Faltbriefe!
Sonst kann ich Euch in der nächsten Woche schon nicht mehr schreiben. Die Briefumschläge, die ich noch hatte, sind naß geworden und aus dem Leim gegangen. –
Ich habe nun 300 Zigaretten und 2 Pakete Tabak, dazu 12 Zigarren. Viel ist ja nicht. Die Marketenderwaren werden aber nicht mehr geliefert und davon hatte ich immer das größte Kontingent. Ich schicke Euch auch nichts mehr, das ist zu riskant. Wenn es soweit ist, dann bringe ich es lieber selbst. Hoffentlich kann es bald sein. So unnötig wie jetzt herumzuliegen, dazu habe ich keine Lust.
Ich grüße Euch recht herzlich und wünsche, daß das Band Eurer Familie nie zerstört werden möge
Euer Hanskarl

Ich brauche Briefumschläge! Papier zum Schreiben ist allerdings auch bald verbraucht. Früher bekamen wir von der Marktenderei. Die liefen nun aber nicht mehr.

 

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