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Brief (Transkript)

Hans-Karl Schmidt an seine Eltern, am 28.9.1944 (3.2002.0251)

 

Polen, 28.9.44. (2000)



Ihr Lieben!

Heute abend erreichte mich Euer Brief vom 22.9. Ich danke Euch dafür. Mutter erzählte von Ihren Sorgen und Nöten und zwischen den Zeilen las ich auch, daß die Unterstützung durch die Familie nicht allzu groß für den Anfang ist. Es sind wohl alle nicht mehr das Arbeiten gewöhnt? Und daß Vater sich nicht verändert, habe ich gleich gewußt. Er hat doch noch immer seinen Willen durchgesetzt und meistens war es auch richtig, was er anstrebte. Wenn er aber einmal naß wird, soll er sich nicht so anstellen wie Marleen in ihrer frühesten Jugend, in späteren Zeiten kann es vielleicht noch schlimmer kommen. – Euer Brief hat mir heute Stoff zum Schreiben gegeben, sonst wäre vielleicht wieder so ein Brieflein wie gestern losgegangen. Außer Essen, Schlafen u. Unterricht laufen die Tage gleichmäßig und schnell dahin. –
Marleen machte sich auch einmal ausführlicher bemerkbar und hielt mir gleich meine Sünden vor, dieser kleine Backfisch. Kann sie denn überhaupt mitreden, wo sie noch Begeisterung hat. Mir und allen anderen Soldaten ist sie schon längst vergangen. Du bist fast wie ein Kriegsverlängerer, Marleen, denn wenn ich so weit kommen sollte, müßte der Krieg noch mindestens ein Jahr dauern. Ob das das deutsche Volk noch aushalten wird? 16jährige Geldbriefträgerinnen sind ganz nett, sie müssen sich aber nur vorsehen, daß sie kein zu großes Defizit bekommen („deficere“, defacio, defeci steht mit bei den Deponentien) – Mutter erzählte und Vater stellte viele Fragen. Mit meinem Trupp habe ich nichts mehr zu tun, für 3 Wochen wenigstens. Der jetzige Truppführer, Unterwachtmeister Nordbruch stammt aus Delmenhorst, ist ein guter Kamerad und putzt sich seine Schuhe selber. Im Felde gibt es für die Unteroffiziere keine Putzer. Dann müssen sie alles selbst machen. Und Putzlaputz bin ich im Trupp auch nicht, dafür aber der Jüngste [...]

 

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