Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Hans-Karl Schmidt an seine Eltern, am 18.12.1944 (3.2002.0251)

 

Polen, 18.12 44



Ihr Lieben!

Es tut mir aufrichtig leid, daß zu Weihnachten nun keine Nachricht von mir vorhanden ist. Ich kann aber nichts daran ändern. Seit dem 13.12. bin ich nun schon unterwegs. Die Einheit lag in Kielce und wurde mit LKW nach Ostrowice verladen. Die Fahrt ging hinten um die Hügellandschaft mit Namen Lysa Gora herum und war sehr kalt. Am Tage war Matsch über Matsch, oft mußten wie aussteigen und die Wagen schieben. Die Füße waren bald naß und als die Nacht anbrach, saßen wir nun im Wagen, der Ostwind pfiff schauerlich. Plötzlich war Kälte eingebrochen und der Frost ließ allmählich die zerfahrenen Wege bald wie ein einziges hartes Spurengewirr werden. An die Fahrt werde ich immer denken! Am Morgen des 14.12. wurde die erste Rast eingelegt. In irgendein Polenhaus bin ich hineingekrochen, habe etwas gegessen und dann nur noch geschlafen. Mit Anbruch der Dunkelheit ging es dann weiter, der Weichsel entgegen. Kurz hinter Ostrowice in einem Dorf an der Kamienna wurde gehalten und ausgeladen. Der Gefechtsstand konnte bezogen werden. Die nächsten Tage vergingen mit Einrichten der Behausungen. Diesmal waren es richtige Häuser, die leerstanden. Verbindung mit der Außenwelt war keine vorhanden. Die Küche konnte nicht kochen, weil sie nichts bekam. Wir erhielten Marschverpflegung und kamen dabei ganz gut weg. Es waren noch Kartoffeln da und auf den Feldern standen noch Kohl und etwas Petersilie. Ich habe zu jeder Mahlzeit fast Petersilienkartoffeln gegessen, dazu Büchsenfleisch. Es schmeckte also nicht schlecht. – Ihr werdet auch wohl fragen, wieso diese plötzliche Umgruppierung kam. Im jetzigen Abschnitt lagen Ungarn. Die tapferen Honveds sind nun getürmt, beziehungsweise übergelaufen. Die Russen hatten erst Lautsprecherpropaganda gemacht und waren schließlich so weit gekommen, daß sie die Überläufer mit Booten über die Weichsel holten. Eine Kompanie ist so verschwunden und die anderen haben die Stellungen nach hinten verlassen. Eine deutsche zugeteilte M.G. Kompanie mußte einen Bataillonsabschnitt halten. In diese Lücke also wurde die Brigade hineingeworfen. Ihr könnt Euch also alles gut zusammenreimen. –
Und ich bin nun wieder unterwegs. Vielleicht nach 18518, vielleicht auch nicht, daß werden die nächsten Tage zeigen. Zum Weihnachtsfest hoffe ich nur ein Dach über dem Kopf zu haben. Und wenn meine Pakete nicht eintreffen, dann grämt Euch nicht darüber. Ich bin bescheiden geworden und werde auch das zu ertragen wissen. Ich grüße Euch in diesem Sinne herzlich und wünsche, daß Ihr Euch ein frohes und schönes Weihnachtsfest gestaltet
Euer Hanskarl


P.S. Die Verlegungen kamen so plötzlich, die lieben Verwandten haben nun keine Weihnachtspost von mir. Sie müssen sich eben gedulden, es geht nicht anders.

 

top