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Brief (Transkript)

Hans-Karl Schmidt an seine Eltern, am 11.10.1944 (3.2002.0251)

 

Polen, 11.10.44.



Ihr Lieben!

Gestern erreichten mich Eure Briefe vom 4.10. und dazu die ersten Päckchen, eins mit braunen Kuchen und das andere mit Leckerli. Ich habe mich sehr darüber gefreut und danke Euch für die süßen Sachen. Sie haben mir gut, viel zu gut geschmeckt. –
Ich entbehre hier nichts an Verpflegung, das muß ich wohl sagen, fast gibt es hier noch mehr wie in der Heimat, aber nach einem bestimmten Etwas sehnt man sich bei den Mahlzeiten doch. Für mich ist es immer die Häuslichkeit, die mich früher umgab und alles so schön machte. Kalt und nüchtern wirkt nun jedes Tun und Lassen, überall steckt der Kommiß. Ein jeder sucht sich darum seinen Ausgleich. Die einen rauchen, trinken und schlemmen in ungeahntem Maße, andere haben ihre Liebschaften, geistige Arbeit treiben sehr wenige. Durch den Lehrgang ist meine Beschäftigung fast festgelegt; wenn der Dienst um 1700 zu Ende ist, dann esse ich, mache meine Sachen in Ordnung, schreibe gewöhnlich noch etwas und um 2000 Uhr schlafe ich meist schon. In der letzten Zeit ging es oft zum Zahnarzt, das war auch immer ein Ausgleich der viele Anregungen bot, Gelegenheit zum Baden gab und wieder etwas Umgang in der Zivilisation verlangte. – Ich bin nun doch wirklich nicht weit vorn, 16 km ist die Front entfernt, was das Etappenleben in Busko aber schon erzeugt, ist höherer Unsinn. In keiner Garnison der Heimat wird es vorkommen, daß durchreisende Soldaten nichts zu essen bekommen. Dort ist es aber so. Die Rationen sind zu klein, sagen die Küchenchefs. Dabei sehen sie alle gut genährt aus und was zu klein ist, daß haben sie bestimmt auf dem Schwarzmarkt umgesetzt. Die Schufterei stirbt doch nie aus. – Die Gefechtslage an der Front ist ruhig. Der Russe hat verstärkten Nachschub aber noch keine Panzer; die kommen wohl erst zu allerletzter Stunde. Für unsere Abwehr wieder einmal überraschend. Unsere Artillerie macht Feuerüberfälle. – Ich grüße Euch herzlich und hoffe, daß Mutters Geburtstagsbrief noch rechtzeitig bei ihr eintrifft
Euer Hanskarl


Ich freue mich, daß Marleen auch wieder einmal geschrieben hat. Die Tonart in unseren wechselseitigen Briefen muß wohl eine andere werden, sonst bricht auf diesem Wege noch eine geschwisterliche Kabbelei aus. – Vater gönne ich Quark-Kartoffeln gerne; wenn ich zu Haus wäre, würde ich auch davon essen und zwar mit Vergnügen.

 

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