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Brief (Transkript)

Adolf Treber an seine Familie am 21.11.1915 (3.2011.3956)

 

Donnerstag, den 11.11.15.


13.11.15.

Mein Lieben, gestern kam ich nimmer zum Schreiben, wir hatten ziemlich viel Dienst, wenn auch keinen beschwerlichen.
Morgen muß ich wieder hinaus in Stellung, es müssen jetzt zu jedem Zug immer 2 Zugführer, da kommt man selten ans Daheimbleiben. Das letzte Mal hatten wir gutes Wetter, aber in den ersten Tagen sehr viel Artilleriefeuer. Gleich am ersten verloren wir 4 Tote u. mehrere Verwundete, im Ganzen sind\'s glaub\' ich 5 Tote u. 12 Verwundete. In den letzten Tagen war\'s aber sehr ruhig. Nur das Wetter ist wieder schlechter. Ich lag in einem Unterstand 6 Meter unter der Erde, der also gegen leichtere Geschosse ziemlich sicher war. Nur hatte er die unangenehme Eigenschaft, daß jeder Schuß stark dröhnte u. so die ganze Geschichte sich schlimmer anhörte als sie war. Man gewöhnt sich aber auch daran u. ich verschlief ein gut Teil der 4 Tage.
Den Hasenbraten haben wir uns zu 2. draußen gut schmecken lassen, wir hatten noch einen Kessel Kartoffeln dazu. Die Kniewärmer hatte ich nicht mehr anziehen können, weil ich gleich darauf abfahren mußte, habe sie diesmal auch nicht vermißt. Ich mußte nämlich mit 4 Uoffz. Mittags schon hinaus fahren die Stellung übernehmen um abends dann die Komp. gleich einweisen zu können. Unterwegs im letzten Dorf mußten wir allerdings 2 Stunden Halt machen, weil die Engländer den Dorfausgang u. den Laufgraben mit Schweren beschossen. Erst als es dunkel wurde, konnten wie vor. - Die Handschuhe hatte ich mit, brauchte sie aber nicht. Ich fürchte nur, wenn der Boden naß wird, wird er steif und geht drauf. Den Kuchen hab ich neulich auch bekommen, dann den Butter[?] von Großmutter u. gestern nochmals 2 Paketchen, nur ihr angemeldeter Kuchen fehlt jetzt noch. Auch Vaters u. Tines Brief hab ich erhalten. Erwin hat mir schon eine Karte geschrieben, recht zufrieden. Vor März wird er ja nicht hinauskommen. - Wegen meiner Sachen in München hab ich an H. Prechtel schon lange geschrieben. Er meint, sie können ruhig dort bleiben, da seine Schwägerin den Haushalt führt u. er wohnen bleibt. Es ist ja auch fast nichts mehr dort. - Willy Z. muß in unserer Nähe gefallen sein, Hulluch ist nahe bei unserer Stellung. - Fritzonkel[?] soll nur machen, daß er möglichst spät hinauskommt, wenn wir die Stellung neu ausgebaut haben, ist\'s wieder leichter! - Die Zigarren sind recht gut, also in 14 Tagen wieder! - Unser Marsch ist immer recht langwierig, 1 ½ Stunden fast durch den Laufgraben u. dann noch 3 Stunden bis heim! Beim letzten Mal hab ich mich mit einigen 20 Leuten auch noch verlaufen, es sind soviel Gräben da u. das Land so gleichförmig, daß man sich nimmer auskennt. Wir gingen dann Wege, die wir noch nie gesehen hatten, außerdem war es stockfinster – man muß sich auf seinen Instinkt verlassen wie ein wildes Tier. Aber einen Umweg von einer halben Stunde hatten wir doch gemacht. -
Fritz u. Heiner sehe ich eben garnicht, sie liegen eine gute Stunde von uns im Quartier. Einmal ging Fritz mit seiner Komp. durch unsern Graben, ich schlief aber gerade im Unterstand.
Sonst wüßte ich heute nichts, ich habe auch noch so viel Schreibereien. Da ich draußen nicht schreibe – man hat zu dreckige Hände u. kein Wasser – so häufen sich meine Schreibschulden ins Unüberwindliche.
Ich grüße Euch alle herzlich
Euer Adolf.

 

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