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Brief (Transkript)

Adolf Treber an seine Familie am 15.10.1918 (3.2011.3956)

 

15.10.18.



Meine Lieben,
ich danke recht herzlich für Linas Brief u. für die 2 Paketchen mit Butter u. s. w. Wenn die Ereignisse so weiter gedeihen, werdet ihr mir wohl nimmer oft etwas schicken müssen. Wer hätte an ein so rasches, schmähliches Ende gedacht! Ich kann\'s immer noch gar nicht recht glauben, u. doch, nachdem der unselige Schritt einmal gemacht ist, dann sollen sie auch schauen, daß es möglichst rasch zu Ende geht! Zu ändern ist nichts mehr daran, alle schönen u. großen Worte können uns die Schmach nichtmehr abwaschen. Warum hat man mit dem Friedensangebot nicht noch bis zum Winter gewartet, wo doch ein gewisser Abschluß u. eine neue, geschlossene Front sich hätte herstellen lassen; so schlimm kann\'s doch unmöglich stehen, daß wir\'s nicht noch 2 Monate aushalten können! So sind wir jetzt schon auf Gnade u. Ungnade der Bande ausgeliefert! Es ist gewiß ein Gefühl der Erleichterung, daß man sich sagen kann, in einigen Wochen, vielleicht schon in einigen Tagen hat alles ein Ende, aber ich kann mich darüber nicht freuen.
Es ist, als ob wir jahrelang diese unsäglichen Mühen u. Strapazen, die fürchterlichen Stunden ausgestanden, all die blutigen Opfer gebracht u. unzählige Kameraden fallen sehen u. beerdigt hätten um ein Nichts, zum Gaudium u. Vorteil der anderen. Man sollte garnicht daran denken, sonst möchte man den ganzen Lessel[?] gleich hinschmeißen u. sich in keinem „zivilisierten“ Lande mehr sehen lassen. -
Von all diesen Dingen abgesehen geht\'s mir eben recht gut, ich habe viel zu tun, aber einen schönen Unterstand, auch das Wetter hält wenigstens einigermaßen. Die Grippe grassiert wieder stark hier bei uns, aber bis jetzt bin ich verschont.
Und der Franzmann ist so brav u. ruhig wie nie zuvor.
Viele herzliche Grüße
Euer Adolf.

 

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