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Brief (Transkript)

Freundin an Adolf Treber am 25.04.1918 (3.2011.3956)

 

Cholm, den 25. IV. 18.



Lieber Adolf!
Es ist herrlich, - warm wie wenn wir schon fast 2 Monate weiter wären. Ich sitze nach Tisch im Gras im Obstgarten an einen Baum angelehnt. - Fast merkte man nicht daß Krieg ist, so still & friedlich ist es ringsum
Bisher haben wir noch dauernd Zugänge gehabt von Kiew & Clutomma[?].
Einzelne Abteilungen von 132 sind bereits in Kowel & Rowno[?]. Kiew ist vorerst noch etwas unsicher, aber ein Teil kommt sicher hin. Unsere Special Abteilung natürlich nicht. Vorerst sind wir noch glücklich hier sein zu können aber in 14 Tagen werden wir wohl auch daran glauben müssen. Wir müssen auch nach Kowel in dieses entsetzliche Nest. Aber wie viel besser werden wir es haben als Tla[?] jetzt. Du scheinst auch recht kaput zu sein seelisch mein Junge, d. h. jetzt wo es so famos vorwärts geht, wird die Stimmung ja auch wieder besser – Es war zu schade daß wir uns nicht daheim trafen. Briefe schreiben ist halt immer eine flaue Sache, wenn man sich nicht ganz regelmäßig schreibt. In letzter Zeit kam ich gar nicht dazu, Arbeit war es zwar gerade angenehme, nicht zu viel & nicht zu wenig aber nach Tisch gingen wir in dem herrlichen Wetter spazieren allein, d. h. mit Schw. Else, die seit einigen Wochen bei uns & ein sehr liebes nettes Ding mit dem wir uns glänzend verstehen, sehr oft aber auch mit unserem Dr. & einem anderen Stabsarzt -
Das war immer furchtbar nett, aber abends mußte dann die Arbeit nachgeholt werden, man kam spät in\'s Bett + hatte keine Lust mehr zum Schreiben. Unser Garten ist sehr groß + ist der Gedanke wegzumüssen ein recht schmerzlicher. Am 15. Mai bin ich 1 Jahr hier, hätte es damals nicht gedacht - + wie viel ist mir die Zeit heute wert. Wie viel habe ich gesehen gelernt + erlebt, bin innerlich vorwärts gekommen + froh darum. Mit Spannung verfolgen wir die Berichte vom Westen – bald sehen wir uns hoffentlich im Frieden daheim. - Dein Brief ging neulich zurück nach P. + von dort wieder hierher. Leider habe ich ihn nicht hier draußen – weiß noch, daß Du nach den Misteln gefragt hast. Habe Dir sofort gedankt hast mir ja so eine Freude damit gemacht. Gerade so zart ausgedachte Kleinigkeiten machen mir so sehr viel Freude. Das Papier stammt übrigens vom Laz[?] - als Christkindel; gut gemeint + reizend ausgedacht aber ein Bissel „gescheert“. Du guter Münchner weißt ja sicher was das heißt. - In München war es übrigens furchtbar nett. Dort sollte man leben können. - Was wird man nach dem Kriege machen. Für alle Teile wird es schwer sein. Ihr habt so viel nachzuholen, + wir können uns nicht in ein pflichtenloses Dasein hineindenken – aber trotzdem will ich mir den Kopf nicht zerbrechen. Wer weiß wie alles kommt! Meine Wette werde ich doch noch gewinnen. Fast möcht ich sagen „leider“. Doch Du verstehst mich. Ich habe mich ja schon viel gebessert, bin kein so fürchterlicher Hurras mehr, aber so ganz ohne Conflikt kann ich mich immer noch nicht in das rein Weibliche + Weiche finden, -
Ich lege Dir ein Bild bei, Schw. Else ein Pat. + unsere 2 Hunde, d h. der den ich halte gehört einem Arzt + das andere ist Tops, der Hund mit der schönen Seele – Ausserlich weiß er nicht recht was er sein soll aber sonst ist er wirklich von einer Lebhaftigkeit + Anhänglichkeit, die zu herzig ist; auch jetzt liegt er neben mir ganz still halb versteckt unter meinem Knie + macht ein Mittagsschläfchen. - Vor 14 Tagen waren wir in Lublin. Es war ein furchtbar netter Mittag – der Papa Dr + die 3 Töchter – kannst Dir denken wie lustig und übermütig. Else ist auf einige Zeit nach Rowno, kommt aber wieder zurück, das war ein dauerndes Genecke -+ dabei haben wir uns so gut verstanden + dauernd um die Ecken geredet – Fernerstehende glaubten sicher alsmal wir hätten auch einen Vogel. So ein kleines Laz. ist halt das einzig Wahre – wie eine Familie es müssen allerdings auch die richtigen Menschen sein – wir verstehen uns blendend – Dauernd quatsche ich Dir von mir vor – hoffentlich erzählst Du mir auch bald mal wieder mehr von Dir – Mit Frl. Schmitt habe ich nette Stunden verlebt – Außer Lula ist sie der einzige Mensch in Pirmasens den ich liebe. Unser Dr. geht 2 Tage über Land zu einem Bekannten – Wir begleiten ihn hin […] + holen ihn ab + haben 2 Tage Ferien – Das ist trotz dem schönen Zusammenarbeiten auch mal ganz nett.
Lebe wohl Adolf – von Herzen alles Gute + 1000 herzliche Grüsse
Viele Grüße von Helene
Karin.

 

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