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Brief (Transkript)

Adolf Treber an seine Familie am 06.11.1918 (3.2011.3956)

 

6.11.18.



Meine Lieben,
vorgestern, ja es war schon vorgestern, bekam ich Vaters großen Brief, für den ich vielmals danke! Also Ihr habt große Angst vor den Franzosen u. fürchtet, sie werden am Ende noch in die Pfalz kommen. Na, daran glaube ich aber doch nicht, wenigstens nicht, daß der Krieg hineingetragen wird. Man scheint ja damit zu rechnen, daß bei den Waffenstillstandsbedingungen das ganz linke Rheinufer vom Feinde militärisch besetzt wird, das wäre freilich schon schlimm genug, aber immerhin doch nicht so schlimm, als wenn wir kämpfend zurückmüßten. Aber soweit wird es wohl nicht kommen, ich glaube, daß wir auf die Waffenstillstandsbedingungen eingehen werden u. dann natürlich auch auf die Friedensbedingungen, denn dann können wir nimmer anders. Daß es für uns jetzt das einzig Richtige ist, der Ansicht bin ich auch. Unsere Front hält ja noch, aber im nächsten Jahr wird die Übermacht noch größer sein u. wir werden erdrückt u. dann geht es uns noch schlechter. Aber wir wollen das Kapitel schließen – ich mag garnicht daran denken.
Annchen hat also wieder ein Mädchen bekommen! Na, diesmal hätte ich ihnen auch einen Buben gewünscht, aber die Hauptsache ist, wenn es die Sache gut übersteht.
Erwin tut mir natürlich auch leid, aber den Kopf soll er deswegen nicht hängen lassen. Das Schlimmste ist es ja noch lange nicht u. daheim in Landau wäre er auch bei der Art. nicht Leutnant geworden. Und man weiß ja nie, was gut ist, am besten alles kommen lassen, wie\'s kommt.
Wir heraußen erwarten täglich, ja fast stündlich den Waffenstillstand. Die Entscheidung muß ja auch bald kommen, länger kann Herr Wilson nimmer gut zögern. Wir liegen noch in Ruhe im Dorf, bis Ihr den Brief bekommt, werden wir aber wieder vorn sein, falls bis dahin nicht Schluß ist. Ich bin soweit noch munter u. auch, soweit man es eben sein kann, fidel. Vorhin habe ich gebadet, es ist eine wahre Wohltat, wenn man es 2 Monate nichtmehr gekonnt hat u. seit Wochen nicht aus den Kleidern kommt.
Ist bei Euch die Grippe endgültig verschwunden? Hoffentlich, eben ist es damit ja kein Spaß.
Daß es mit der Zusammenkunft im Elsaß nichts ist, hab ich ja schon geschrieben.
Mit vielen Grüßen Euer Adolf.

 

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