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Brief (Transkript)

Johannes Wierich an seine Familie am 25.04.1915 (3.2009.0064)

 

Nr 6. 16 16

Tendrecourt, den 25.4.15.



Meine Lieben!
Heute, Sonntag, schreibe ich den ersten Brief aus meinem neuen Wohnsitz. Er gehört zur Gemeinde des Städtchens Vrigne aux Bois, das ist die dritte Station an einer Nebenbahn von Sedan aus gerechnet. Der Ort ist von Bossévall ¾ Stunden entfernt. Obgleich wir jetzt zu einem neuen Bataillon gehören, bleibt die Adresse bestehen. Denn in 14 Tagen längstens drei Wochen gehen wir nach Bosseval zurück zur Schule, sodaß es sich nicht lohnt, die Adresse zu verändern, und alle Sachen zudem hieranlangen. Freitag Abend erhielt ich ein Paketchen vom 16.4. mit Butter und Käse. Das Paket ist also ziemlich lange gelaufen. Noch länger sind die drei Pakete vom 10.4. unterwegs gewesen. Ich erhielt sie erst am 20.4., sodaß die Eier wie ich schon mitteilte, verdorben waren. Wenn die Post schnell fortgehen soll, muß vor allem die Adresse leserlich und richtig geschrieben werden. Ich will sie einmal in vollem Umfange abgeben:
Einj. Wierich, V. Bataillon Rekrutenabteilung Hülsmann (Kursus)
III. Etappeninspection Feldpoststation 53 Sedan. | Es ist gut, wenn man das letztere: Feldpoststation 53 Sedan, noch hinzufügt. Ferner heißt es nicht III. Batail. Sondern V. Bataillon; es heißt III. Etappeninspection und nicht einfach Etappeninspection. Sobald man eine der Zahlen ausläßt oder falsch schreibt, gibt es Verzögerung. Wenn Maria schon einige Adressen im Voraus geschrieben hat, so kann das ja leicht richtig gestellt werden, ohne die ganze Aufschrift zu ändern. Der Käse war noch sehr gut, trotzdem er solange auf Reise gewesen war, ebenso Butter und Brot. Nur muß der Käse möglichst wenig zerschnitten sein. Käsescheiben trocknen ein und werden schimmelig. Brot schickt Ihr selbstverständlich nur dann, wenn Ihr selbst genug habt; denn mit dem, was uns geliefert wird kann man schon leben; doch darf man sich nicht satt essen, da man sonst nicht auskommt. Jetzt muß ein Brot für 3 Tage reichen, mit dem man sonst 2 Tage auskam, deshalb muß man recht sparsam sein. Was wir an Brot zu wenig erhalten, bekommen die Truppen in der Front mehr, weil sie mehr tun müssen wie wir. In der Front gibt es auch 2 mal am Tage warmes Essen und hier nur einmal. - Was ich vor allem gebrauchen könnte, ist eine wasserdichte Unterweste aus Seide oder Gummi. Sie muß gut und leicht sein; ferner darf sie nicht viel Platz wegnehmen; denn im Tornister hat man soviel unterzubringen, daß das Einpacken einem stets Kopfzerbrechen macht. Bei einer Nachtübung vor Sedan sind wir durchnaß geworden, und gegen Nässe der Unterkleidung schützt man sich am besten so wie ich vorhin sagte. Damit Ihr die richtige Größe wählt, habe ich einen Faden beigelegt, der die Brustweite angibt. Nächstens etwas anderes.
Mit herzlichem Gruß
Johann

 

 



Ansicht des Briefes

 

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