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Brief (Transkript)

Johannes Wierich an seine Familie am 02.06.1915 (3.2009.0064)

 

Mittwoch, den 2.6.15.



Meine Lieben!
Hier im Schützengraben ist es recht schwierig einen Brief zu schreiben, weil keine rechte Zeit dazu da ist. Am Tage schläft man und hat noch verschiedene Stunden Posten zu stehen, die ganze Nacht hat jeder zu wachen und mit geladenem Gewehr und aufgepflanzten Bajonett an seinem Platz Obacht zu geben. Vor seinem Schießloch hat man stets nach den Franzmännern herüberzuschauen, um zu sehen, daß dort nichts Verdächtiges vor sich geht. Nun liegen wir gerade an einer Stelle, von der aus vom französischen Graben nichts zu sehen ist. Weil zwischen diesem und unserem Graben ein kleiner Hügel ist.
Das sieht so aus im Durchschnitt.
[Zeichnung]
Auf der einen Seite der deutsche auf der anderen der frz. Graben. Zwischen beiden der Hügel. Jeder Graben hat vor sich unübersteigbare Stacheldrahthindernisse, die auch angezeichnet sind.
In den beiden Tagen, die wir hier sind, haben wir keine Verluste gehabt, nur einen Verwundeten (Rückenschuß.)
Die Franzmänner lassen sich gar nicht blicken. Nachmittags schießt unsere Artillerie Ihnen die Schützengräben zusammen, sodaß die Kerle nachts genug zu tun haben, alles wieder in Ordnung zu bringen. Wir selbst haben noch kein Artilleriefeuer bekommen, wohl pfeifen schon mal ein paar Kugeln über unseren Kopf weg. Bei eintretendem Granatfeuer gehen wir in unsere Unterschlüpfe, die 2-3 m unter der Erde liegen und bombensicher sind. In diesen Erdlöchern schlafen wir wir zu 2-3 Mann. Manchmal ist es eine ganze Zeit lang still und man hört keinen Schuß. Das ist das schönste. Dann aber geht\'s auch nach kurzer Zeit mit doppelter Kraft.
Wo hier das VIII. Korps liegt, wollten die Franzosen vor einiger Zeit durchbrechen. Im amtlichen Bericht vom 26. Mai findet Ihr Näheres darüber; darin sind auch die Dörfer erwähnt, die hier liegen. Givenchy ist das Dorf, bei dem ich bis vor einigen Tagen in Reserve gelegen haben.
Lens liegt dicht dabei. In Souchez haben wir abends an der Feldküche Essen. Am 4. Abends kommen wir wieder in Reservestellung. Am 8. geht\'s dann für 8 Tage in Ruhestellung in ein Dorf. Hoffentlich erhalte ich bald Post.
Auf Wiedersehen!
Euer Johann

 

 



Ansicht des Briefes

 

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